3. März 2019
Was die Versicherungsbedingungen beschreiben, trifft im Leistungsfall auf das wahre Leben. Dann fordern Kunden die Einlösung unseres Leistungsversprechens. Und es zeigt sich, ob unsere Lösungen fair und bedarfsgerecht sind. Unsere Expertinnen und Experten aus der Leistungsprüfung stellen hier ab sofort Fälle aus der Regulierungspraxis vor. Sie beantworten dabei auch häufig gestellte Fragen und führen vor Augen, welche Schicksalsschläge zum Verlust der Berufsunfähigkeit führen können. Sie zeigen aber auch, wo die Grenzen des Versicherungsschutzes liegen.
Regulierung in der Praxis: Prognosezeitraum und Berufsunfähigkeitsversicherung
Gerhard Diepenbroek ist Fachexperte für Unfall- und Berufsunfähigkeitsversicherungen. Er gehört zu unserem Expertenteam, das hier in Zukunft regelmäßig über Fälle aus der Regulierungspraxis berichten wird. Heute sprechen wir mit ihm über einen Kunden, der wegen eines Sportunfalls seinen Job als Schweißer über mehrere Wochen nicht ausüben konnte.
Wie häufig erkennen wir gemeldete Versicherungsfälle – und insbesondere Berufsunfähigkeit – an?
Gerhard Diepenbroek: In etwa 80 Prozent der Versicherungsfälle kommt es zu einer Anerkennung. Dann zahlen wir auch eine Leistung. Allerdings: Nicht alle angemeldeten Versicherungsfälle können wir anerkennen. Bei rund zwanzig Prozent der Fälle besteht kein Leistungsanspruch. Oft sind unrichtige Angaben bei Vertragsabschluss der Grund dafür. Denn dann besteht kein wirksamer Vertrag.
Das gilt allerdings nicht für den Fall, über den wir heute sprechen wollen. Was war passiert?
Gerhard Diepenbroek: Unser Kunde schloss zum 1. Mai 2014 eine Berufsunfähigkeitsversicherung ab. Es wurde eine Monatsrente von 2.000 Euro vereinbart. Am 18. September 2018 meldete uns der Makler, dass sich der Kunde verletzt habe und vorsorglich ein Leistungsanspruch angemeldet werden soll.
Der Leistungsantrag ging uns am 12. Dezember 2018 zu. Der Kunde berichtete, dass er beim Fußballspielen am 5. September 2018 einen Bruch des linken Schlüsselbeins erlitten habe. Seither konnte er seinen Beruf als Schweißer nicht mehr ausüben. Nach einer operativen Versorgung des Bruchs am 12. September 2018 war der Heilungsverlauf regelgerecht. Der Kunde informierte uns darüber, dass die berufliche Wiedereingliederung am 4. Februar 2019 abgeschlossen wurde. Seither konnte er wieder uneingeschränkt als Schweißer arbeiten.
Wann besteht bei der LV 1871 überhaupt ein Anspruch auf Leistungen aus der Berufsunfähigkeit?
Gerhard Diepenbroek: Nach den vertraglichen Bestimmungen entsteht ein Anspruch unter anderem dann, wenn die berufliche Leistungsfähigkeit für mehr als sechs Monate ununterbrochen zu mindestens fünfzig Prozent beeinträchtigt ist. Dieser sogenannte Prognosezeitraum endete in unserem Fall am 5. März 2019. Da der Kunde zu diesem Zeitpunkt aber bereits wieder arbeiten konnte, lag kein versicherter Fall vor.
Was versteht man eigentlich unter diesem sogenannten Prognosezeitraum?
Gerhard Diepenbroek: In Versicherungsvergleichen und Checklisten wird regelmäßig darauf hingewiesen, dass der sogenannte Prognosezeitraum möglichst kurz sein soll. Grundsätzlich liegt eine Berufsunfähigkeit erst dann vor, wenn der Beruf prognostisch auf Dauer nicht mehr ausgeübt werden kann (Paragraf 172 Abs. 2 VVG). Dieser Nachweis ist in der Praxis aber nur schwer zu führen. Daher hat die LV 1871 einen verkürzten Prognosezeitraum von sechs Monaten in die Versicherungsbedingungen aufgenommen. Somit ist der Nachweis einer Berufsunfähigkeit bereits dann geführt, wenn der Beruf für voraussichtlich sechs Monate nicht mehr ausgeübt werden kann oder seit sechs Monaten nicht ausgeübt werden konnte.
Wenn also absehbar ist, dass der Kunden für mehr als sechs Monate seinen Beruf nicht ausüben kann, besteht ein Anspruch auf die versicherten Leistungen – und das rückwirkend. Wäre also in unserem Beispiel der Kunde über den 5. März 2019 hinaus noch zu mindestens fünfzig Prozent in seiner beruflichen Leistungsfähigkeit beeinträchtigt gewesen, hätte er ab dem 1. Oktober 2018 Anspruch auf die Leistungen gehabt.
Wie hat der Kunde auf diese Information reagiert?
Gerhard Diepenbroek: Unser Kunde war froh darüber, dass alles gut verlaufen ist und er wieder arbeiten kann. Selbstverständlich sind etwaige Spätfolgen der Verletzung, die vielleicht erst in mehreren Jahren spürbar werden, versichert.
Welcher Tipp lässt daraus für unsere Geschäftspartner ableiten?
Gerhard Diepenbroek: Zwar sehen die Bedingungen unserer Golden BU Lösungen keine Meldefristen vor. Doch es ist immer sinnvoll, einen möglichen Versicherungsfall frühzeitig zu melden. Stellt sich dann heraus, dass es sich um eine Berufsunfähigkeit handelt, kann der Anspruch frühzeitig erbracht werden.
Anja Schöne
Social Media Managerin
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