Frau vor Laptop und Taschenrechner

8. Februar 2022

Welcher Aussagewert haben Kennzahlen wie Überschussbeteiligung und verschiedene Kostenquoten, etwa der Abschlusskostenquote oder Stornoquote? Diese Frage beantwortet unser Experte im 3. Teil unserer Serie zur Beurteilung der Leistungsfähigkeit von Lebensversicherungsunternehmen.

Finanzielle Leistungsfähigkeit beurteilen: Kostenquoten

Bisher haben wir die Leistungskennzahlen in den Blick genommen, die die Aktivseite der Bilanz behandeln. In diesem Teil wollen wir Kennzahlen mit Bezug zur Passivseite der Bilanz aufgreifen. Wir gehen also stärker auf die Verpflichtungen der Unternehmen ein.

Deckung der Zinsverpflichtungen

Hin und wieder werden für schlagzeilenträchtige Meldungen auch die Werte der Pflichtangaben nach Paragraf 15 MindZV herangezogen. Dies mündet dann in Aussagen wie „x Versicherer konnten im Jahr y die Garantieleistungen nicht mehr am Kapitalmarkt erwirtschaften“. Geht man etwas mehr ins Detail, stellt man fest, dass die Kapitalerträge laut Paragraf 15 MindZV nur diejenigen sind, die nicht auf die Eigenmittel entfallen, also gar nicht der komplette Wert der Nettoerträge (im Branchenschnitt fehlen dabei 3,1 Prozent der Erträge). Des Weiteren existieren mit den Risiko- und Kostenerträgen zusätzliche Quellen, sodass manch ein Lebensversicherungsunternehmen mit guten Gründen seine Bewertungsreserven bei der Darstellung der Zinszusatzreserve (ZZR) schonen wird wenn es genügend andere Erträge aufweist. Die LV 1871 deckt jedoch nicht nur Zinsverpflichtungen, sondern finanziert noch eine überdurchschnittliche Überschussbeteiligung, sodass wir hier noch nie am Limit waren.

Überschüsse machen den Unterschied

Auf Kundenebene sind die diversen Bestandteile der Überschussbeteiligung relevante Vergleichsgrößen. Bereits in der laufenden Überschussbeteiligung hat die LV 1871 durch bemerkenswerte Stabilität über die letzten Jahre inzwischen einen deutlich überdurchschnittlichen Wert erreicht. Hinzu kommen dann in unserem Fall auch weit überdurchschnittliche Schlussüberschüsse.

Oft wird argumentiert, dass Schlussüberschüsse nicht berücksichtigt werden dürfen, weil diese erst am Ende des Vertrags verbindlich zugeteilt werden. Zu berücksichtigen ist jedoch, dass die BaFin für die Streichung schon rechnerisch erwirtschafteter Schlussüberschüsse sehr hohe Hürden aufstellt. Zudem ist im Falle der LV 1871 ein weit überwiegender Teil der Schlussüberschüsse durch die Mindestbeteiligung an den Bewertungsreserven sichergestellt. Dieser Löwenanteil der Schlussüberschüsse kann nicht gekürzt werden, solange insbesondere sehr hohe Reserven auf unseren Immobilienbestand bestehen bleiben.

Aber die Kosten…

Verfolgt man öffentliche Debatten, so ist die Kostensituation einer der am meisten genannten Angriffspunkte gegen die Lebensversicherungsbranche. Was als teuer oder günstig gilt, ist jedoch neben individuellem Empfinden auch eine Frage des Vergleichsmaßstabs und der ansonsten mit dem Produkt verbundenen Dienstleistungen.

Gängige Quoten sind hier die Verwaltungskosten- und die Abschlusskosten-(AK)quoten sowie die erweiterte Kostenquote (inkl. sonstigem und außerordentlichem Ergebnis aus der Gewinn- und Verlustrechnung). Erstere und letztere sind bezogen auf die Bruttobeiträge, die Abschlusskostenquote auf die Beitragssumme des Neugeschäfts (ohne Annahme von Storno).

Bei den Verwaltungskosten kann man in der gesamten Branche in den letzten 30 Jahren einen kontinuierlichen, deutlichen Rückgang feststellen (von 5,4 Prozent im Jahr 1990 auf 2,1 Prozent im Jahr 2020). Damit ist die Effizienz für Kunden stetig besser geworden. Zudem gilt es festzuhalten: Diese Quote bewegt sich etwa auf dem Niveau der Verwaltungsaufwendungen der gesetzlichen Rentenversicherung von rund 1,6 Prozent.

Abschlusskosten honorieren den Aufwand einer individuellen Beratung des Kunden, die bei anderen Anlageformen, wie ETF-Sparplänen, nicht geleistet wird. Vergleicht man die AK-Quote zwischen Anbietern, muss man in gewissem Umfang differenzieren, ob der vorrangige Vertriebsweg die Ausschließlichkeit, Makler, Honorarvertrieb oder das Internet sind. Hinzu kommt noch die Interaktion mit der Stornoquote: Hat ein Anbieter ein geringes Storno, so ist die Abschlusskostenquote bezogen auf die Beitragssumme des Neugeschäfts relativ nah an der Gesamtbelastung der tatsächlich in der Zukunft ankommenden Beiträge. Mit hohem Storno weist dagegen die AK-Quote eher eine systematisch zu niedrige Kostenbelastung aus.

Auch hier wieder ein Blick auf die LV 1871: In den zurückliegenden Jahren ist unsere Stornoquote stark gesunken. Damit haben wir uns sukzessive in Richtung zu mehr Bestandsqualität bewegt.

Allgemeiner gesprochen beinhalten die Abschlusskosten als Effekt auch Provisionsrückforderungen bei Storno in den ersten Vertragsjahren. Rechnerisch entlastet also mehr Storno zunächst die Kennzahl, was sich langfristig aber belastend auswirkt. Sollte eine niedrigere Abschlusskostenquote also auf deutlich höherem Storno beruhen, ist dies keine positive Aussage über die Kostensituation.

Die in manchen Ratings verwendete erweiterte Kostenquote ist der Versuch, die Kostensituation zusammenfassend zu vergleichen. Allerdings hinkt dieser Vergleich regelmäßig. Denn ein stark wachsendes Unternehmen muss naturgemäß aufgrund des hohen Anteils von Abschlusskosten und der relativ geringen Beitragsbasis hier höhere Werte aufweisen. Die Kennzahl beseitigt zwar die Schwäche, dass die Abschlusskostenquote auf „hypothetischen“ Beiträgen beruht, bestraft aber dynamische Gesellschaften über Gebühr.

Egal welche Kostenquote man heranzieht: Man sollte dabei nicht außer Acht lassen, dass der Hebel der jährlichen Renditen im Vergleich zu auf den Beitrag bezogenen (und letztlich einmaligen) Kosten größer ist: Schafft es ein Lebensversicherungsunternehmen, jährlich eine nur um 0,2 Prozent höhere Überschussbeteiligung zu erwirtschaften, so kommt (vereinfachend auf einen Einmalbeitrag bezogen) nach 30 Jahren eine um 6,2 Prozent höhere Leistung zu Stande. Man sieht, dass sich somit die gängigen Abstände in Abschluss- und Verwaltungskosten stark relativieren.

Bei der angesprochenen Stornoquote (bezogen auf die laufenden Beiträge) besteht eine gewisse Abhängigkeit zur Neugeschäftsdynamik, denn im Normalfall ist das Storno in späteren Jahren der Verträge nicht mehr besonders ausgeprägt. Leider begegnen uns auch hier in manchen Ratings Fehlinterpretationen. Gelegentlich wird beispielsweise eine „Frühstornoquote“ verwendet und irreführenderweise so definiert, dass alle Storni ohne Rückkaufswert darunter gezählt werden. Dies stellt jedoch eine einseitige klare Benachteiligung von starken Biometrieanbietern dar. Denn im Regelfall wird bei Beendigung einer Berufsunfähigkeitsversicherung auch nach vielen Jahren keinen Rückkaufswert ausgezahlt, bei kapitalbildende Tarife mittlerweile allerdings schon.

Die LV 1871 hat auch im Geschäftsjahr 2020, in einem schwierigen Umfeld, das von der Covid-19-Pandemie geprägt war, sehr gute Ergebnisse erzielt.

Vertragsbestände nach einzelnen Produktgruppen als Qualitätskriterium

Anbieter sind dem Druck von Niedrigzinsen in unterschiedlichem Ausmaß ausgesetzt. Das hängt (neben dem Zeitraum, in dem das Geschäft gezeichnet wurde und der damit den Garantiezins determiniert) hauptsächlich mit der Verteilung der Verträge auf die drei Hauptgruppen „Klassische Verträge“, „Biometrie“ und „Fondsgebundene Versicherungen“ zusammen.

Bereits beim Blick auf die Hauptposten der Aktivseite der Bilanz lässt sich bei den Anbietern das Verhältnis von „Kapitalanlagen für Rechnung und Risiko von Inhabern von Lebensversicherungspolicen“ zur Gesamtsumme der Bilanz ermitteln. Ein höherer Anteil entlastet dabei von möglichen Zinsrisiken. In der Größe kommt sowohl die Intensität als auch die Dauer zum Ausdruck, über die die Anbieter bereits fondsgebundenes Geschäft forciert haben. Den aktuellen Anteil der fondsgebundenen Versicherungen an den laufenden Beiträgen des Geschäftsjahres bietet die Übersicht der Bestandsbewegung im Jahresabschluss, ausgewiesen als „Sonstige Lebensversicherungen“.

Der Anteil an Biometrietarifen – darunter verstehen wir im Wesentlichen Risikolebensversicherungen und Berufsunfähigkeitsversicherungen oder andere Arten der Arbeitskraftabsicherung – am Geschäftsvolumen lässt sich leider nicht so einfach herauslesen. Zwar werden in der Bestandsbewegung Risikoversicherungen getrennt ausgewiesen, die Berufsunfähigkeitsversicherungen fallen aber zusammen mit klassischen Verträgen in den großen Topf der Rentenversicherungen.

Eine mögliche Lösung ist der Blick in den Anhang der Solvenzberichte der Anbieter. Dort müssen im „QRT S.05.01“ die Prämien Berufsunfähigkeitsabsicherungen unter dem Geschäftsbereich „Krankenversicherung“ separat ausgewiesen werden müssen. Dabei werden aber wiederum laufende und Einmalbeiträge zusammengefasst berichtet.

Hat ein Anbieter einen hohen Anteil an Berufsunfähigkeitsverträgen im Bestand, ist er ebenfalls deutlich weniger zinsempfindlich. Zudem wäre jeder einzelne dieser Verträge bei Anbietern, die über viel Garantiegeschäft aber wenig Berufsunfähigkeitsgeschäft verfügen, im Notfall viel stärker von einer möglichen Anpassung der Nettoprämien gefährdet.

Zusammenfassend lässt sich also sagen, dass neben der Höhe und Dauer der durchschnittlichen Rechnungszinsbelastung der Anbieter auch die Anteile des nicht zinssensitiven Geschäfts aus fondsgebundenen und Biometrie-Versicherung ein Qualitätsmerkmal für Kunden darstellt.

Die bei manchen Anbietern in den letzten Jahren in Mode gekommenen Verträge der „Neuen Klassik“ entlasten bei einer 100-prozentigen Garantie im Vergleich zum Rechnungszins der letzten Jahre von 0,9 Prozent die Anforderungen kaum mehr, was sich auch an deren Entwicklungen in den Solvenzquoten ablesen lässt.

Autorenbild: Andreas Schwarz; Portfolio Institutionell

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