Vor etwa einem Jahr starb Tobias K. im Alter von knapp 40 Jahren. Tobias war im Internet sehr aktiv, schrieb viel auf Facebook und in anderen sozialen Netzwerken. Sein plötzlicher Tod war für seine Freunde ein Schock. Neben einer traditionellen Beerdigung mit Gedenkfeier, suchten die Freunde auch im Netz nach einer Möglichkeit, ihrer Trauer Ausdruck zu verleihen. Sein Profil auf Facebook ist bis heute als digitales Kondolenzbuch aktiv. Manche seiner Freunde hinterlassen ihm dort ab und zu noch immer öffentliche Nachrichten, zum Beispiel, wenn sein Geburtstag ansteht. „Es ist wie eine kleine Rettungsleine zu ihm“ sagt eine seiner engen Freundinnen. „Seine Bilder sind weiter da, man kann noch mal in sein Leben eintauchen. Er ist immer noch ein Stück bei mir.“
Die Onlinewelt hat den Umgang mit Trauer verändert und die Technik tut ihr Übriges dazu. Seitdem das Internet ein Teil unseres Lebens geworden ist, sind auch wir ein Teil des Internets. Und da es so gut wie nichts vergisst, weil es unsere Tweets, Postings, Blogeinträge und Bilder speichert, sind unsere Gedanken auch Teil eines riesigen, immerwährenden Gedächtnis. Wir hinterlassen Spuren, die auch nach unserem Tod bleiben. Neue Technologien helfen dabei, diese Spuren den Hinterbliebenen zugänglich zu machen. Die Zeiten, anonymer Grabsteine, die nicht mehr als Geburts- und Sterbedatum über einen Menschen verraten, sind vorbei.
Der Grabstein wird zum digitalen Gedächtnis
Die einfachste Möglichkeit ein bisschen mehr Informationen über einen Verstorbenen zu hinterlassen, sind sogenannte QR-Codes. Die kleinen, quadratischen Barcodes lassen sich mit jedem Smartphone erfassen. Ist der Code eingescannt, können verschiedene Funktionen damit abgerufen werden. So kann zum Beispiel eine Trauerseite im Internet aufgerufen werden, auf der man Bilder, Texte oder Videos anschauen kann. Auch eine Kondolenzseite lässt sich hinter einem QR-Code hinterlegen.
Mittlerweile gibt es viele Hersteller von Grabsteinen, die den Code direkt in den Grabstein einmeißeln oder in anderer Form einbauen. Aber auch nachträglich lässt sich der Code anbringen. Entweder in Form eines eigenen Steins, der zusätzlich auf dem Grab angebracht wird, oder als Aufkleber. Hier sollte man allerdings vorher Rücksprache mit der Friedhofsverwaltung halten, ob die Anbringung eines solchen erlaubt ist. Welche Informationen mit dem QR-Code übermittelt werden sollen, sollte bei der fixen Variante wohl überlegt sein; ist der Code erst einmal in Stein gemeißelt, kann er nicht mehr verändert werden.
Aber Grabsteine können heute noch mehr. In vielen Ländern ist es selbstverständlich, dass ein Bild der verstorbenen Person auf dem Grabstein zu sehen ist. Diese in Deutschland noch eher seltene Praktik hat durch die moderne Technologie ebenfalls neue Möglichkeiten erfahren. Bildschirme sind mittlerweile flach und können wetterbeständig in einen Grabstein eingelassen werden. Der Bildschirm kann auf zwei Wege gestartet werden: entweder durch einen Knopfdruck oder durch einen Annäherungssensor. Tritt jemand vor das Grab, startet automatisch ein kleiner Film oder es werden Bilder aus dem Leben der verstorbenen Person gezeigt.
Technisch ist das keine große Herausforderung, es müssen allerdings ein paar Dinge beachtet werden. Zum einen benötigt der Bildschirm eine Stromquelle, das kann ein im Grabstein eingelassener Akku sein, der allerdings regelmäßig gewechselt werden muss. Eine andere Variante ist ein direkter Stromanschluss. Die meisten Friedhöfe sind dafür allerdings technisch nicht ausgerüstet. Im Vorhinein sollte mit der Friedhofsverwaltung geklärt werden, ob der Einsatz eines Bildschirmes gestattet ist.
Die genannten technischen Möglichkeiten funktionieren aber nur, wenn sich die verstorbene Person und deren Angehörige für eine traditionelle Bestattung auf einem Friedhof entschieden haben. Welche Optionen gibt es aber, wenn es sich um eine Seebestattung handelt oder die Asche auf einer Wiese verstreut wurde? Auch hier gibt es neue, technologische Entwicklungen.
3D-Welten und künstliche Intelligenz
Sogenannte „Virtual Reality“ Brillen lassen ihren Träger in eine 3D-Welt eintauchen. Was in der Spieleindustrie schon Standard geworden ist, wird nun auch für andere Zwecke entdeckt. Technisch ist es kein Problem, das Abbild eines geliebten Menschen in eine eigene 3D-Welt zu importieren. Ein Smartphone und eine sogenannte VR-Brille reichen schon für eine erste Virtual Reality Grundausrüstung für den kleinen Geldbeutel. Mit aufgezogener Brille, findet man sich in einer 3D-Welt wieder, die es einem sogar ermöglicht, mit Personen zu interagieren.
Die nötige Software dazu muss allerdings extra entwickelt werden. Das Abbild der verstorbenen Person muss programmiert werden, was einige Zeit in Anspruch nimmt und zudem nicht gerade günstig ist, da die Programmierung per Hand erfolgt, dafür bekommt man allerdings auch eine sehr intensive Möglichkeit zu gedenken.
Noch einen Schritt weiter gehen Hologramme. Das sind 3D-Projektionen, die man auch ohne Brille sehen kann. Die Technologie ist mittlerweile so weit fortgeschritten, dass es erste Unternehmen gibt, die 3D-Hologramme zu einem erschwinglichen Preis anbieten. Die Gatebox zum Beispiel ist ein Glaskörper, in den eine holographische Figur projiziert wird. Mit dieser kann man in einem bestimmten Rahmen sogar interagieren und ihr einfache Fragen stellen. Mit Informationen aus den Datenbanken sozialer Netzwerke kann die Figur auch personalisiert werden. Sie erinnert einen dann an Jahrestage oder andere Dinge.
Der Chatbot schafft Erinnerungen
Es geht aber auch alles ein bisschen einfacher. Weil wir das digitale Gedächtnis des Internets permanent durch versendete Nachrichten und Bilder mit neuen Daten füttern, sammeln sich viele Informationen über uns an. Speist man all diese Daten in eine Datenbank, kann man mit Hilfe von künstlicher Intelligenz ein digitales Abbild eines verstorbenen Menschen erschaffen. Das ist keine Zukunftsvision, sondern passiert schon heute. Ein Startup aus den USA speiste die Daten eines verstorbenen Freundes in ein Programm und entwickelte so einen personalisierten Chatbot. Das ist eine Art künstliche Intelligenz, die auf Fragen in einem Chat antwortet. Tatsächlich gelang es so, ein System zu entwickeln, dass eine richtige Interaktion zulässt. So antwortet der Chatbot auf die Frage, welche Musik er gerade hören möchte, oder er versendet aufmunternde Nachrichten, wenn man schreibt, dass man sich gerade schlecht fühlt. Es entsteht also eine Art Verbindung zu einem geliebten Menschen, auch wenn dieser schon länger verstorben ist.
Die neuen Technologien verändern die Art und Weise, wie wir mit Trauer umgehen können. Das digitale Gedächtnis des Internets sorgt dafür, dass die Hinterbliebenen nicht mehr ganz allein mit ihrer Trauer sind. Das verändert auch die Art und Weise, wie Beerdigungsunternehmen arbeiten werden. Die Möglichkeit, Trauernden mehr als einen Grabstein und eine würdevolle Beerdigung anzubieten, ist auch eine Chance, trauernden Menschen besser über ihren Verlust hinwegzuhelfen.
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