In den letzten Momenten einer Friedhofsbestattung heißt es endgültig Abschied zu nehmen: Ein letztes Mal können Angehörige den Sarg des Verstorbenen sehen und berühren, bevor er von schweren Seilen gehalten in das Grab gelassen wird. Dieser langsame Abstieg in das Erdreich brennt sich vielen Trauernden ins Gedächtnis ein und markiert das Ende der feierlichen Zeremonie. Aber es geht auch anders: Traditionell ist in Deutschland die Feuerbestattung die beliebteste und meistgewählte Bestattungsform im Gegensatz zur Friedhofsbestattung. Doch während der Gesetzgeber vorschreibt, dass nur Holzsärge ins Erdreich gelangen dürfen, ist der Spielraum bei der Feuerbestattung mittlerweile größer. Und so greifen Angehörige immer häufiger auf einen Pappsarg zurück, welcher aus Cellulose statt schwerem Holz besteht. Ihr Grund für diese unkonventionelle Entscheidung: Geringere Kosten und mehr Nachhaltigkeit (klimaneutrale Beerdigung). Aber nicht alle sind von diesem Trend begeistert.

Der Pappsarg wird auch in Deutschland zu einer beliebten Sarg-Alternative.

Cellulose-Särge: Gleichermaßen beliebt wie umstritten

Der klassische Holzsarg aus Kiefer, Eiche oder anderen robusten Hölzern hat Konkurrenz bekommen: Cellulose-Särge, oder umgangssprachlich einfach „Pappsärge“ gehören bei immer mehr Bestattern zum festen Angebot. Diese neuen Modelle sind wesentlich leichter, aber trotzdem stabil, im Schnitt mehrere Hundert Euro billiger als ihre Holz-Äquivalente und können fantasievoll und beliebig individualisiert werden: Auf Wunsch mit aufgedruckten Mustern oder direkt von den Trauernden selbst verziert.

Dazu sind die Pappsärge umweltschonend und nachhaltig produziert. Statt gefällter Bäume reicht Cellulose aus, also der Hauptbestandteil pflanzlicher Zellwände, der auch zur Papierherstellung verwendet wird und aus schnell wachsenden Aufforstungshölzern gewonnen wird. Je nach Anbieter wird außerdem Altpapier verwendet, das extra für die Cellulose-Särge recycelt wird. Wird ein solcher Sarg dann verbrannt, setzt der Brennprozess erheblich weniger Kohlenstoffdioxid frei als beim Einäschern der Holzsärge, für die außerdem jahrzehntealte Bäume gefällt werden mussten.

Das trifft den Nerv vieler Trauernden, die sich nicht nur eine kostengünstige, sondern auch eine umweltfreundliche Feuerbestattung wünschen. Doch der Kundenliebling ist bei Bestattern nicht unumstritten: So weist der Bundesverband Deutscher Bestatter darauf hin, dass die Cellulose-Särge eigentlich gar nicht für die Feuerbestattung geeignet seien. Der Grund: Die Verbrennungsdauer sei zu kurz.

Ein Holzsarg ist nach etwa 40 Minuten zu Asche verbrannt und gibt dabei viel Brennungswärme ab, was wiederum die Einäscherung beschleunigt und unterstützt. Ein Pappsarg hingegen verbrennt schon nach zehn Minuten. Danach liege der Leichnam offen in der Verbrennungskammer und müsse mithilfe von mehr Brennwärme eingeäschert werden. Das kostet nicht nur mehr Energie und damit Erdgas, sondern sei auch ethisch bedenklich. Deswegen weigern sich einige Krematorien in Deutschland bis heute, Pappsärge einzuäschern.

Davon lassen sich die immer zahlreicher werdenden Öko-Sarg-Anbieter allerdings nicht abschrecken: TÜV-Siegel und Überzeugungsarbeit beim Kunden haben in den letzten Jahren dafür gesorgt, dass der Pappsarg zur immer häufiger gewählten Alternative arrangiert ist. Wer selbst zu dieser Bestattungsform greifen will, sollte sich allerdings unbedingt im Vorfeld erkundigen, welche Krematorien die Einäscherung dann auch erlauben.

Krematorien rüsten um

Aufgrund der gesteigerten Nachfrage und des lange mangelnden Angebots haben einige Krematorien in den letzten Jahren damit begonnen, das Design ihrer Brennöfen zu ändern, um sich auf den neuen Trend einzustellen und eine ordnungsgemäße Verbrennung der Pappsärge und des Verstorbenen gewährleisten zu können.

Normalerweise sind diese Öfen mehrstöckig und lassen den Sarg mehrere Verbrennungsstufen durchlaufen. Dieses System fußt auf exakt berechneten Brenntemperaturen und funktioniert nur, wenn die Brennwärme des Sargs ausreichend hoch ist – Pappsärge können dieses Kriterium nicht erfüllen, der Sarg verbrennt zu schnell.

Die Lösung für dieses Problem sind einfacher konstruierte Brennöfen, die nun einige Krematorien nachrüsten. Im internationalen Vergleich hinkt Deutschland hier allerdings weit hinterher: Besonders Länder mit einer hohen Armutsquote bieten längst flächendeckend die Verbrennung im Pappsarg an und machen diese Form der Bestattung zu einer kostengünstigen Alternative. Deutschland hat diesen Punkt noch nicht erreicht – doch wer sich im Vorfeld informiert, wird auch hierzulande Möglichkeiten finden, um auf den klassischen Holzsarg verzichten zu können.

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