Niemand denkt gerne darüber nach, wie es wohl sein würde, wenn man seinen Willen nicht mehr kommunizieren kann. Dabei sollte sich jeder mit der Möglichkeit auseinandersetzen, irgendwann vollständig auf fremde Hilfe angewiesen sein zu müssen. Eine Patientenverfügung hilft im Falle des Falles dabei, Zweifel bei Angehörigen und behandelnden Ärzten aus dem Weg zu räumen.

Was ist eine Patientenverfügung?

Eine Patientenverfügung ist eine schriftliche Erklärung, in der festgelegt wird, wie man ärztlich versorgt werden soll, wenn man seinen eigenen Willen nicht mehr selber mitteilen kann. Plötzliche Krankheit, Unfall oder Altersschwäche können Gründe sein, dass jemand körperlich oder geistig nicht mehr in der Lage ist, sich zu äußern. Eine Patientenverfügung wird im Voraus verfasst. Sie stellt sicher, dass zum Beispiel lebensverlängernde Maßnahmen nach den Vorstellungen des Patienten durchgeführt werden. Sie ist an die behandelnden Ärzte gerichtet und gesetzlich geregelt. In ähnlicher Weise kann man mit einer Betreuungsverfügung vorab einen gesetzlichen Betreuer festlegen.

Welche Fragen sollte ich mir stellen?

Eine Patientenverfügung ist nicht nur Vorsorge und Absicherung. Sie ist auch Anlass, die eigenen Wertvorstellungen zu überdenken und in eine klare Form zu bringen. Sich zu überwinden und mit Krankheit, Leid und Tod auseinanderzusetzen, ist nicht einfach – es hilft aber, Ängste abzubauen. Wer befürchtet, aufgrund eines möglichen Komas gegen seinen Willen künstlich am Leben gehalten zu werden, kann nach dem Verfassen einer Patientenverfügung womöglich ruhiger schlafen.

Situationen, die den Einsatz einer Patientenverfügung erfordern, können sein:

  • Wenn der finale Sterbeprozess nach Ansicht der Mediziner mit hoher Wahrscheinlichkeit kurz bevorsteht. Gründe dafür können ein Unfall, eine schwere Krankheit oder Altersschwäche sein.
  • Das Endstadium einer unheilbaren Krankheit mit tödlichem Verlauf, wobei der genaue Todeszeitpunkt nicht vorhersehbar ist.
  • Eine schwere Hirnschädigung, die die Einsichtsgewinnung und Entscheidungsfähigkeit zerstört hat.
  • Ein Fortgeschrittener Hirnabbauprozess, beispielsweise durch Demenz.

Zu den Maßnahmen, über die sich der Verfasser hinsichtlich solcher Situationen Gedanken machen sollte, gehören:

  • Lebenserhaltende Maßnahmen: Soll alles medizinisch Mögliche getan werden, um mich am Leben zu halten, oder soll der Prozess ab einem gewissen Punkt eingestellt werden?
  • Schmerz- und Symptombehandlung: Sollen bewusstseinsdämpfende Medikamente eingesetzt werden?
  • Künstliche Ernährung und Flüssigkeitszufuhr: Möchte ich künstlich ernährt werden, beziehungsweise im Rahmen einer Palliativtherapie künstliche Flüssigkeitszufuhr erhalten
  • Wiederbelebung: Bis zu welchem Zustand sollen Versuche zur Wiederbelebung unternommen werden?
  • Künstliche Beatmung: Soll ich durch künstliche Beatmung am Leben gehalten werden? Möchte ich Medikamente, die meine Luftnot lindern?
  • Dialyse: Soll eine künstliche Blutwäsche durchgeführt werden?
  • Antibiotika: In welchen Fällen dürfen mir Antibiotika verabreicht werden?
  • Blutspenden: Möchte ich Spenderblut oder -blutbestandteile erhalten, wenn das mein Leben verlängern sollte?
  • Organspende nach Todesfall: Stimme ich der Entnahme meiner Organe für Transplantationszwecke zu? Welche Organe soll man mir auf keinen Fall entnehmen dürfen?
  • Sterbeort und Beistand: Wer soll in meinen letzten Stunden bei mir sein? Will ich in ein Krankenhaus oder Hospiz verlegt werden oder in vertrauter Umgebung sterben?

Ehepaar sitzt da und Frau schaut besorgt ihren Mann an und legt die Hand auf seinen Rücken

Eigene Wertvorstellungen festhalten

Es ist nicht möglich, alle Eventualitäten vorauszusehen. Deshalb ist ein kurzer Abriss der eigenen Wertvorstellungen in der Patientenverfügung empfehlenswert; das können religiöse Ansichten oder ethische Standpunkte, aber auch knappe biografische Anmerkungen sein. Wer beispielsweise nahe Angehörige im Hospiz leiden gesehen hat und nicht auf diese Weise enden will, kann das an dieser Stelle zum Ausdruck bringen. Solche Erläuterungen helfen Vertrauenspersonen und Ärzten bei schwierigen Entscheidungen.

Worauf muss ich bei meiner Patientenverfügung achten?

Dr. Dietmar Kurze ist Fachanwalt für Erbrecht und Vorsitzender des VorsorgeAnwalt e.V. Dieser Verein berät seit über zehn Jahren deutschlandweit Menschen bei Patientenverfügungen und Bevollmächtigungen. Angesprochen auf die häufigsten Fehler, hat er eine klare Antwort: „Die Formulierungen sind oft nicht konkret und eindeutig genug. Es reicht nicht, einfach ‚keine lebensverlängernden Maßnahmen‘ zu wünschen. Wenn es zu viele Auslegungsmöglichkeiten gibt, kommen Unsicherheiten auf. Das führt oft zu Streit unter den Angehörigen. Außerdem fehlt es häufig an einer Person, die den festgelegten Willen durchsetzt – der Betroffene kann ja selber nicht mehr sprechen.“

Die genaue Formulierung ist gesetzlich erforderlich. Ein richterlicher Beschluss vom Juli 2016 hat bestimmt, dass vage Beschreibungen nicht ausreichend sind. Es müssen für möglichst alle Eventualitäten konkrete Behandlungsarten gewünscht oder abgelehnt werden.

Kurze empfiehlt: „Da es sich bei einer Patientenverfügung um ein juristisches Dokument handelt, ist eine fachliche Beratung durch einen spezialisierten Rechtsanwalt oder Notar dringend zu empfehlen. Auch die Einsetzung eines kompetenten, durchsetzungsfähigen Bevollmächtigten, der im Fall der Fälle zur Stelle ist, ist notwendig. Gegebenenfalls kann dieser Vertrauensperson ein spezialisierter Anwalt helfen.“ In so einem Fall hilft eine Vorsorgevollmacht. Damit wird eine Vertrauensperson rechtlich bevollmächtigt, im Namen des Ausstellers zu handeln.

Eine Patientenverfügung kann jeder verfassen, der 18 Jahre oder älter ist. Dietmar Kurze hält solch ein Dokument auch bei jungen, gesunden Leuten für sinnvoll: „Gerade bei Unfällen im Straßenverkehr oder beim Sport kommt es zu Situationen, in denen eine Patientenverfügung wichtig ist, insbesondere beim so genannten ‚Wachkoma‘.“

Patientenverfügung sicher und auffindbar verwahren

Das sorgfältig formulierte Dokument ist natürlich wertlos, wenn es im Notfall zwischen den eigenen Unterlagen verschwunden ist. Eine gesetzliche Regelung besagt, dass die Patientenverfügung auffindbar sein muss. Hierfür ist es ratsam, einen Hinweis auf den Aufbewahrungsort mit sich zu führen, der bei der Einweisung in ein Krankenhaus oder Pflegeheim eindeutig auf dieses Dokument hinweist und veranlasst, mindestens eine nahestehende Person zu informieren.

Und wenn ich meine Meinung ändere?

Eine Patientenverfügung kann jederzeit formlos widerrufen werden, wenn sich die Meinung des Betroffenen ändert und er dies selbst mitteilen kann. Dies kann auch mündlich geschehen, der aktuell mitgeteilte Wille steht immer über der schriftlichen Verfügung.

Wer kann mir beim Verfassen einer Patientenverfügung helfen?

Der Hausarzt gibt Auskunft, wenn es um medizinische Fragen und persönliche Risiken geht. Für eine Beratung und rechtliche Absicherung sorgen Erbrechtsanwälte und spezialisierte Stiftungen und Vereine wie der VorsorgeAnwalt e.V. oder die Deutsche Stiftung Patientenschutz.

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