Den Surfern in Jeffreys Bay dabei zuschauen, wie sie an der südafrikanischen Atlantikküste die mächtigen Wellen bezwingen und dabei selbst in einer der Strandbars genüsslich einen Cappuccino schlürfen. Beim Spaziergang durch die Altstadt von Hoi An das pittoreske Flair der Stadt in Zentralvietnam genießen, die mit ihren Lampion-gesäumten Straßenlaternen und einer architektonischen Mischung aus chinesischen, vietnamesischen und französisch anmutenden Häusern ein Spiegel der wechselvollen Geschichte des Landes ist. Wer auf Reisen geht, findet überall seine Lieblingsplätze. Einer dieser Lieblingsplätze ist für mich der Ölberg in Jerusalem. Oben, auf dem Gipfel, genau gegenüber des Seven Arches Hotel hat man von einer Aussichtsplattform den perfekten Postkartenblick auf die Altstadt von Jerusalem und den Tempelberg. Das zugemauerte Goldene Tor am östlichen Teil der Stadtmauer liegt direkt im Blickfeld.

Ältester jüdischer Friedhof der Welt

Wenn die Sonne über den Dächern der Jerusalemer Altstadt untergeht, versammeln sich hier Heerscharen von Touristen – immer auf der Suche nach dem perfekten Fotomotiv für Instagram und für Familie und Freunde daheim. Zu ihren Füßen breitet sich der älteste jüdische Friedhof der Welt aus. Mehr als 170.000 Tote sind hier begraben.

Schätzungsweise seit mehr als 3.000 Jahren werden hier Menschen beerdigt. Der Grund dafür ist allerdings weniger die Aussicht auf die Altstadt, die den Ort für Touristen so besonders macht, sondern vielmehr die jüdische Überzeugung, dass am Tag des Jüngsten Gerichts der Messias genau an dieser Stelle auf die Erde zurückkehren wird. So sagt es die Prophezeiung im Buch Sacharja im hebräischen Tanach. Wer hier also seine letzte Ruhe gefunden hat, kann am Tag des Jüngsten Gerichts mit einem Platz in der ersten Reihe rechnen.

Das macht den Friedhof unterhalb des Ölbergs zu einem begehrten Platz für Tote und ihre Gräber. Der ehemalige israelische Ministerpräsident Menachem Begin liegt hier begraben, ebenso die Dichterin Else Lasker-Schüler. Das Labyrinth der meist weißen Grabplatten erstreckt sich über einige Quadratkilometer. Es gibt keine Bäume, die Schatten spenden und auch keine Hinweisschilder. Wer ein bestimmtes Grab sucht, sollte sich auskennen oder eine gute Wegbeschreibung dabeihaben.

Anders als in der lebhaften Altstadt von Jerusalem ist es auf diesem Friedhof fast totenstill. Nur gelegentlich sieht man Besucher zwischen den Gräbern. Meist sind es strenggläubige Juden mit schwarzen Gewändern und Schläfenlocken oder Juden aus dem Ausland, die hier die Ruhestätten ihre Verwandten besuchen. Auf den Gräbern gibt es keinen Grabschmuck, sondern sie sind geschmückt von größeren und kleineren Steinen. Den Brauch, Gräber mit Steinen zu markieren, haben die Juden aus ihrer Zeit als Wüstenvolk erhalten. Damals hat man die Gräber auf diese Art markiert und vor wilden Tieren geschützt.

Der Friedhof auf dem Ölberg in Jerusalem.

Der Tod im Judentum: Gräber für die Ewigkeit

Der Tod hat im Judentum eine etwas andere Bedeutung als bei Christen. Es zählt mehr das Leben vor dem Tod. Der Tod selbst wird als Übergang zwischen dem Leben auf der Erde und dem Leben nach dem Tod, im Jenseits, angesehen. Deshalb werden die Toten nach jüdischem Glauben einer rituellen Versorgung unterzogen und danach rasch beerdigt. Dabei werden sie nackt in ein Leinentuch gewickelt. Aber anders als im Christentum dürfen die Gräber von Juden nicht aufgelöst werden. Sie sind für die Ewigkeit. Das ist der Hauptgrund für den Platzmangel auf vielen jüdischen Friedhöfen.

Platzmangel und ein unterirdischer Friedhof

Jeder, der in einer Großstadt wohnt, weiß: Bei hoher Nachfrage steigen die Immobilienpreise. Das ist auch auf dem Jüdischen Friedhof am Ölberg nicht anders. Weil die Gräber dort so beliebt sind, ist der Platz rar und ein Grab teuer. Ohne Bestechung und/oder Beziehungen ist kaum eines zu bekommen. Deshalb haben die Verantwortlichen die Idee einer unterirdischen Nekropole ersonnen. Erste Überlegungen für eine Totenstadt in den Katakomben unter dem Friedhof am Ölberg gab es schon Anfang der 1990er Jahre, aber erst 2016 konnte der Bau beginnen. Kosten: um die 50 Millionen Euro, mehrheitlich finanziert von Juden, die außerhalb Israels leben und sich so bereits zu Lebzeiten eine Grabstätte am Ölberg sichern wollen.

Bis 2022 soll das Projekt fertig sein. Dann sollen 22.000 Gräber ihren Platz in dem unterirdischen Höhlensystem aus Alleen und Straßen finden können. Fahrstühle sollen die Hinterbliebenen zu den Gräbern unter die Erde bringen. Gebaut wird mit Baggern, aber ohne Dynamit, um die Totenruhe nicht zu stören.

Ölberg: Bedeutungsvoll für Christen, Muslime und Juden gleichermaßen

Aber nicht nur für Juden hat der Ölberg eine besondere Bedeutung. Auch in den Überlieferungen des Islam und im Christentum spielt er eine wichtige Rolle. Wie die Juden glauben auch die Muslime daran, dass das Kidrontal zwischen Ölberg und der Altstadt von Jerusalem der Schauplatz des Jüngsten Gerichts sein wird. Nach muslimischer Vorstellung wird hier am Ende aller Tage ein Seil vom Ölberg zum Tempelberg gespannt, über das die sogenannten Gerechten hinübergehen werden. Deshalb findet man auf der anderen Seite des Ölbergs, unterhalb des Tempelbergs zahlreiche muslimische Gräber.

Für die Christen ist vor allem der Garten Gethsemane am Fuße des Ölbergs von Bedeutung. Der Überlieferung nach wurde Jesus dort nach dem Verrat durch seinen Jünger Judas Iskariot von Soldaten gefangen genommen. Die Via Dolorosa, der sogenannte Leidensweg Christi, beginnt dann auch am Fuße des Ölbergs gegenüber des Garten Gethsemane am Löwentor, einem der acht Eingänge zur Altstadt von Jerusalem. Wer durchs Löwentor geht und der Via Dolorosa folgt, lässt die Stille des Ölbergs hinter sich. Aber beim Bummel durch die lebhafte Altstadt lassen sich noch viele schöne, neue Lieblingsplätze entdecken.

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