Momentan treffen hinsichtlich der Vererbung von Immobilien zwei gesellschaftliche Faktoren aufeinander. Zum einen neigt sich der Zyklus der Babyboom-Elterngeneration seinem Ende zu. Hier wird gerade viel vererbt. Nach einer Untersuchung des Deutschen Instituts für Altersvorsorge aus dem Jahr 2018 haben die Deutschen allein 2016 ein Vermögen von circa 109 Milliarden Euro geerbt. Davon sind 50 Prozent Immobilienvermögen – ein Rekord. Diese Entwicklung trifft nun zum anderen auf eine Zeit der rasanten Wertsteigerung von Immobilien. Darin steckt eine Menge Konfliktpotenzial. Was ist zu tun?
Testament und Wertschätzung
Ein ordentliches Testament kann große Teile dieses Konfliktpotenzials entschärfen. Wenn kein Testament vorhanden ist, tritt automatisch die gesetzliche Erbfolge in Kraft. Auch mit Testament sollten Erblasser und Angehörige im Vorfeld folgendes beachten:
Wenn der Erblasser verfügt, dass ein Teil der Kinder eine Immobilie und ein anderer Teil Geld erhält, kann das zu großen Missverhältnissen führen – auch hinsichtlich der Erbschaftssteuer. Das liegt nicht selten an einer falschen oder veralteten Schätzung des Vermögenswertes der Immobilie.
Wenn eine solche Verteilung im Testament steht, muss nach dem Tode des Erblassers trotzdem ein zur Berechnung der Erbschaftssteuer notwendiges neues Gutachten über den sogenannten Verkehrswert der Immobilie erstellt werden: das Verkehrsgutachten. Der hieraus ermittelte Wert ist entscheidend. Gutachten, die beispielsweise vor vier bis fünf Jahren vorgenommen wurden, sind hierzulande ziemlich wahrscheinlich nur noch Makulatur.
Kurzgutachten, die im Umfang deutlich kleiner sind, bemessen einen etwas gröberen Wert einer Immobilie. Sie sind zwar deutlich günstiger als Verkehrsgutachten, aber rechtlich wertlos – sowohl zur Bestimmung der Erbschaftssteuer, als auch in allen anderen Belangen, etwa hinsichtlich Auseinandersetzungen innerhalb einer Erbengemeinschaft.
Eine Erbengemeinschaft entsteht, wenn mehreren Erben eine Immobilie zukommen soll. Doch was harmonisch klingt, ist oft nicht nur die Ausgangsbasis für jahre- oder jahrzehntelange Streitigkeiten untereinander. Es kann einzelne Mitglieder auch wirtschaftlich durch laufende Kosten schwer belasten. Hier kann der Erblasser nur bedingt Einfluss nehmen, indem er unter gleichberechtigten Erben eine Erbquote einsetzt. Dennoch haften beispielsweise alle Mitglieder nach außen zu gleichen Teilen. Man spricht von einer Gesamthandgemeinschaft. Unter beispielsweise vier Erben einer Immobilie besitzt kein Erbe ein Viertel, sondern alle besitzen alles gemeinsam.
Erbschaftssteuer: Freibeträge und Steuern
Steuerfreibeträge (Steuerklasse 1):
+ Ehegatten, Lebenspartner: 500.000 Euro
+ Kinder: 400.000 Euro
+ Enkel: 200.000 Euro
+ Sonstige: 100.000 Euro
Was darüber hinaus geht, wird nach Stufen steuerpflichtig berechnet (Steuerklasse 1):
+ bis 75.000 Euro = 7 Prozent zu versteuern
+ bis 300.000 Euro = 11 Prozent zu versteuern
+ bis 600.000 Euro = 15 Prozent zu versteuern
…
+ ab 26.000.000 Euro = 30 Prozent zu versteuern
Übrigens, wenn eine vererbte Immobilie fremdgenutzt wird – etwa durch Mieter – werden bei der Berechnung der Erbschaftssteuer nur 90 Prozent des Verkehrswertes herangezogen.
An andere denken, vorher schenken
Auch wenn vor einigen Jahren der Freibetrag für vererbtes Vermögen deutlich angehoben wurde, kann man die Erbschaftssteuer legal vermeiden.
So kann man beispielsweise seinen Kindern zu Lebzeiten eine Immobilie schenken. Das kann man mit einem lebenslangen Wohnrecht für sich selbst verbinden. So wird das Elternhaus den Kindern überschrieben, aber sie selbst oder ein übrigbleibender Ehepartner können darin wohnen bleiben. Bei unverheirateten Lebenspartnerschaften sollte man beachten, dass der verbliebene Lebenspartner dahingehend schlechter gestellt ist, als ein verbliebener Ehepartner.
Ein zusätzlicher Anreiz zur Schenkung besteht in der Regelung, dass man Freibeträge der Erbschaftssteuer nach zehn Jahren wieder erneut nutzen kann. Das bedeutet, nach zehn Jahren wird der gesamte Freibetrag nicht mehr zum zu versteuernden Vermögen gerechnet. Die Erbschaftssteuer wird neu und somit kleiner angesetzt. Dann gilt erneut der gesetzliche Freibetrag.
Erbengemeinschaften: Zusammenhalt bedeutet Profit
Oft genug lassen sich Erbengemeinschaften nicht vermeiden. Dann sollte für die Bedachten der Grundsatz gelten: Je mehr man zusammenhält, desto eher vermeidet man unnötige und zum Teil sehr große Wertverluste. Diese Verluste betreffen immer alle Mitglieder der Erbengemeinschaft. Zu glauben, man könne etwa bei Erbstreitigkeiten als einziger ohne Verlust aus einer Auseinandersetzung oder etwa einem sofortigen Verkauf kommen, erweist sich so gut wie immer als Irrglaube.
So kann zwar jedes Mitglied beispielsweise einen sofortigen Verkauf der Immobilie beantragen. Aber dem muss wiederum ausnahmslos die gesamte Erbengemeinschaft zustimmen. Hierbei machen auch Erbquoten keinen Unterschied. Alle haben gleiches Stimmrecht. Die Erbquoten sind erst bei der Verwaltung der hinterlassenen Immobilie und daraus entstehenden Verwaltungskosten relevant.
Ein sofortiger Verkauf – auch ohne Berechnung von zum Beispiel Sanierungskosten oder bei Fremdnutzung ohne Einbeziehung steigender Mieten – bedeutet so gut wie immer ein Verlust für die gesamte Erbengemeinschaft.
Welche Fragen der Erblasser klären sollte
Deswegen sollte im unvermeidbaren Fall der Erblasser vorher am besten zusammen mit den Erben folgende Aspekte klären, um spätere, kostspielige Erbstreitigkeiten zu vermeiden:
+ Bei der aktuellen Entwicklung der Immobilien- und Baupreise kann etwa alle zwei bis drei Jahre ein neues Verkehrsgutachten relevant sein.
Frage: Wer finanziert das? Das kann – bei drohender nicht harmonischer Erbengemeinschaft – testamentarisch festgelegt werden. Etwa durch den Rückbehalt entsprechender Mittel dafür, die der Testamentsvollstrecker (sinnvollerweise kein Erbe) verwaltet. Nicht selten dauern anschließende Rechtsstreitigkeiten innerhalb einer Erbengemeinschaft deutlich länger als zwei bis drei Jahre.
+ Wer aus der Erbengemeinschaft möchte einen Teil dieser Immobilie selbst bewohnen – gibt es dafür Alternativen?
So einfach, wie die dafür notwendigen Bedingungen sind, so wenig hilfreich sind sie in der Praxis: Jedes Mitglied der Erbengemeinschaft hat ein Recht auf Nutzung der Immobilie, sofern dadurch die Nutzung durch andere Erben nicht beeinträchtigt wird.
Dann wäre nämlich eine Nutzungsentschädigung fällig. Und deren Feststellung ist für sehr viele und sehr teure Rechtsstreitigkeiten verantwortlich.
Fazit
Neben der Einrichtung eines Testaments sollten Erblasser bei Immobilien schon relativ früh nach Lösungen gemeinsam mit den zukünftigen Erben suchen. Auch wenn der Erblasser selbst davon nichts mehr hat, seine Erben und seine Familie werden es ihm später danken. Erbengemeinschaften sind kein Segen.
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