Wer in Deutschland etwas erbt oder beschenkt wird, zahlt Erbschaftssteuer – jedenfalls ab einer bestimmten Summe. Geldwerte, die unter einer Mindestgrenze liegen, müssen nicht versteuert werden. Darüber hinaus gibt es Möglichkeiten, einer zu zahlenden Erbschaftssteuer etwas anzurechnen. Dazu gehören auch geldwerte Leistungen.
Wer ist für Pflegefreibeträge berechtigt?
Für einen Pflegefreibetrag ist jeder berechtigt, der nicht zum Unterhalt des Schenkers oder Erblassers verpflichtet ist. Lange war jedoch unklar definiert, wie dieser Unterhaltspflicht nachzukommen sei. Normalerweise ist das beispielsweise finanziell von Kindern gegenüber den Eltern der Fall. Aber schließt Unterhalt persönliche Pflege ein? Die Finanzverwaltungen (Finanzämter) vertraten den Standpunkt, dass das so zu bewerten sein. Ihre Auslegung bedeutete mehr Steuereinnahmen. Seine Eltern zu pflegen sei „selbstverständlich“. Das müsse nicht noch extra belohnt werden.
Im Jahr 2001 nahm eine erwachsene Frau ihre pflegebedürftige Mutter in ihr Haus auf und pflegte sie auf eigene Kosten. Von der Pflegekasse erhielt sie dafür lediglich ein Pflegegeld in Höhe von zuletzt 700 Euro pro Monat. Als die Mutter 2012 starb, wurde für die erbberechtige Tochter eine Erbschaftssteuer von knapp 5.000 Euro festgelegt, da ihr Erbe über dem Mindestvolumen für den Freibetrag lag. Die Frau war allerdings der Ansicht, dass ihr darüber hinaus auch noch der Pflegefreibetrag in maximaler Höhe von 20.000 Euro zustünde und auf die Erbschaftssteuer angerechnet werden müsste. Das bedeutet, dass sie nicht 20.000 Euro erhielte, sondern 5.000 Euro weniger Steuern für die Erbschaft bezahlen müsste.
Das Finanzamt wollte den Pflegefreibetrag aber nicht gewähren – schließlich sei die Tochter ohnehin per Gesetz zum Unterhalt verpflichtet gewesen. Der Streit der Parteien endete vor Gericht. Der Bundesfinanzhof (BFH) gab der Tochter Recht: Das Finanzamt musste ihr somit den Pflegefreibetrag in voller Höhe im Rahmen der Erbschaftsteuer gewähren.
Im Jahr 2017 haben nun die obersten Richter des Bundesfinanzhofs in höchster Instanz endgültig bestätigt, dass unterhaltspflichtige Kinder nicht per se zur persönlichen Pflege ihrer Eltern verpflichtet sind. Damit ist entschieden, dass Unterhaltspflicht grundsätzlich rein wirtschaftlich zu definieren ist. Eine persönliche Pflege gilt als zusätzlich und sollte entsprechend finanziell „belohnt“ werden.
Ansonsten gilt: Nicht nur Freunde und entfernte Verwandte, sondern auch Verwandte ersten Grades können Pflegefreibeträge geltend machen, sofern sie beschenkt werden oder ein Erbe erhalten.
Daneben gibt es aber noch einen wichtigen Aspekt zu beachten. Unabhängig von Pflegefreibeträgen gibt es generelle Steuerfreibeträge bei der Erbschafts- und Schenkungssteuer. Diese Freibeträge sind wiederum vom Verwandtschaftsgrad abhängig. So haben beispielsweise Kinder einen entsprechenden Steuerfreibetrag von 400.000 Euro.
Es gilt die Regel: Erst wenn der „normale“ Steuerfreibetrag voll ausgeschöpft ist, kann zusätzlich ein Pflegefreibetrag angeführt werden.
Was gehört zur „Pflege“ im Sinne des Steuerfreibetrages
Wichtig: Eine festgesetzte Pflegestufe oder ein Pflegegrad sind keine Voraussetzungen für das Feststellen, ob der Erblasser oder Schenker hilfsbedürftig ist.
Die folgenden grundsätzlichen Kriterien für „Pflegeleistungen“ zeigen, dass der Pflegebegriff sehr weit gefasst ist:
- Die Pflegeleistung muss dauerhaft und regelmäßig zum Wohlbefinden der hilfsbedürftigen Person erbracht werden.
- Dauerhaft und regelmäßig bezieht sich besonders auf Körperpflege (Waschen, Kämmen, Duschen etc.) und Ernährung (Kochen, Zubereiten, Füttern etc.).
- Hilfe bei der Mobilität: Dazu zählen etwa Hilfe beim An- und Auskleiden, Hilfe beim Gehen, Treppensteigen bis hin zu Spaziergängen.
- Hauswirtschaftliche Tätigkeiten wie Einkaufen, Wohnung reinigen, Wäsche waschen
Praxistipp für die Berechnung der Leistungen: Pflegetagebuch
Der Pflegefreibetrag wird nicht pauschal angesetzt, etwa nur nach Anzahl von Jahren, in denen gepflegt wurde. Es wird grundsätzlich nach den einzelnen üblichen Pflegesätzen bewertet – je nach erbrachter Leistung. Sollte der Erblasser oder Schenker andere monetäre Pflegeleistungen bezogen haben, so sind diese bei der Berechnung der eigenen Leistungen für den Steuerfreibetrag nicht relevant.
Deswegen lohnt es sich immer, ein Pflegetagebuch zu führen, in dem auch Zahlungsbelege gesammelt werden. Danach kann der Umfang der Leistungen vernünftig berechnet werden. Abgesehen davon behält man auch selbst einen guten Überblick über die Zeit und einen Eindruck der Leistungen, die man freiwillig erbringt. Auch bei möglichen späteren Erbstreitigkeiten können solche Aufzeichnungen hilfreich sein.
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