Die letzte Reise: Der Tod ist eine Sache, die uns früher oder später alle betrifft. Und obwohl dies eine unwiderrufliche Tatsache ist, gibt es kaum ein Thema, welches mit so vielen Tabus belegt ist. Kaum jemand möchte darüber sprechen und verdrängt lieber, was irgendwann auf jeden Fall sein wird. Weil es einfacher ist, als sich der unangenehmen Wahrheit zu stellen. Ein Trugschluss, der einen später umso härter trifft. Sich für das Thema zu öffnen, erfordert eine ungemeine Stärke. „Der Reisebegleiter für den letzten Weg“ ist ein Ratgeber, der deutlich macht, dass es nicht einfach ist, einen lieben Menschen gehen zu lassen, aber es mit der richtigen Vorbereitung deutlich leichter fällt.
Das Unvermeidliche akzeptieren lernen
Spätestens, wenn man an einer schweren und unheilbaren Krankheit leidet oder jemanden anderen durch diese schwere Zeit begleitet, sollte man sich nicht mehr in Verdrängung üben und offen sein, sich mit dem Thema „Sterben“ und „Trauer-Knigge“ zu befassen. Die letzte Reise bis zum Tod ist kein einfacher Weg. Im besten Fall ist die Zeitspanne ziemlich lang, in der man sich mit dem Tod, dem Weg dorthin und dem Danach auseinandergesetzt hat. Dann hat man Glück. Es kann aber auch ganz anders kommen. Hierbei sollte man auch bedenken, dass es nicht nur für den Sterbenden selbst schwer zu akzeptieren ist. Oft hadert man mit seinem Schicksal, besonders dann, wenn man von einer Erkrankung noch recht früh aus dem Leben gerissen wird. Aber auch die, die zurückbleiben, müssen einen Weg finden, mit dem Verlust eines lieben Menschen klarzukommen.
In „Der Reisebegleiter für den letzten Weg“ wird der Leser auf eine ganz besondere und einfühlsame Weise an die Hand genommen, sich mit diesem schwierigen Thema auseinanderzusetzen. Egal, ob man selbst von einer schweren Krankheit betroffen ist oder als Angehöriger Beistand und Hilfe sucht. Einer der Autoren ist Prof. Dr. Dr. med. Berend Feddersen, der als Oberarzt die spezialisierte ambulante Palliativversorgung in einem Münchner Klinikum leitet. Er begleitet viele Menschen auf ihrem letzten Weg und versucht, die letzten Tage und Wochen so angenehm wie möglich zu gestalten. Barbara Stäcker dagegen kann selbst nachvollziehen, wie sich Angehörige fühlen. Sie begleitete in einem langen Prozess ihre Tochter Nana 2010 nach einer Krebserkrankung bis zum Tod. Darüber schrieb sie zusammen mit Dorothea Seitz selbst Bücher und gründete mit ihr den gemeinnützigen Verein Recover your smile e.V. Dorothea Seitz begleitete den Ablebensprozess ihrer Eltern, die zu Hause im Kreise der Familie verstarben, und schildert hier ebenfalls ihre Erfahrungen aus Sicht einer Angehörigen.
Warum dieses Buch wertvoll ist? Weil es so viele Fragen beantwortet, die man sich zuvor nie gestellt hat und die man auch kaum stellen mag. Viele von uns denken nicht daran, was sein wird, wenn einen selbst oder einen nahen Angehörigen eine schlimme Krankheit trifft und man diese Person auf der letzten Reise zum Tod begleitet. Oberste Priorität hat die Genesung des Erkrankten. So stellt man seine eigenen Bedürfnisse, Wünsche und Ängste oft hinten an, um den Erkrankten nicht zu belasten. Viele verzichten aus Scham oder Angst auf psychologische Hilfe, dabei ist es absolut legitim, eine solche in Anspruch zu nehmen. „Der Reisebegleiter für den letzten Weg“ holt den Leser auf so vielen Ebenen ab und begleitet ihn durch einen schwierigen, traurigen, bedrückenden und sehr schmerzhaften Prozess. Viele Fragen werden in diesem Buch ausführlich beantwortet und von verschiedenen Seiten beleuchtet. Stimmungsvolle Fotografien von Barbara Stäcker unterstreichen dies.
Die letzte Reise: Den Sterbeprozess aktiv begleiten
Die Autoren begleiten Betroffene, lassen Ärzte und Angehörige zu Wort kommen und beleuchten die Thematik von unterschiedlichen Seiten. Es wird zum Beispiel umfassend erklärt, was eigentlich Palliativmedizin ist oder was in einem Hospiz passiert; weitere Tabuthemen, über die man in der Regel nur Halbwahrheiten kennt und alleine aus diesen Gründen gar nicht weiter nachdenken möchte.
Dem Sterbeprozess an sich wird ein ganzes Kapitel gewidmet, in dem näher auf verschiedene Aspekte eingegangen wird. Die Ängste vorm Sterben werden ebenso beschrieben, wie der Verlauf dieser finalen Reise und der letzte Atemzug. Für mich sehr berührend zu lesen, wie individuell sich diese Minuten gestalten. Wahrscheinlich hat nur eine geringe Zahl an Menschen schon einmal jemanden bis in den Tod begleitet und dann war es mit großer Sicherheit eine intensive Erfahrung. Im besten Fall haben sie vorher dieses Buch gelesen, denn dann wird die unglaublich schwere Situation mit Sicherheit ein bisschen leichter. Beim Durchlesen wird man Seite um Seite von immer mehr Dankbarkeit erfüllt und bekommt ein klein wenig das Gefühl, den Tod besser verkraften zu können.
Auf eine sehr einfühlsame und starke Art und Weise werden unterschiedliche Themen aus medizinischer und psychologischer Sicht beleuchtet und auch kein Halt vor rechtlichen Angelegenheiten gemacht. Man sollte sich nämlich auch Gedanken über die Hinterbliebenen machen. Welche Vollmachten sind nötig? Was muss unbedingt noch geregelt werden? Oder wie soll eigentlich die Beerdigung aussehen? Zusätzlich folgen weitere spannende Literaturempfehlungen und nützliche Links aus dem Netz, die allen Betroffenen weitere Hilfe mit auf den Weg geben. Kurze Infoboxen fassen in jedem Kapitel die wichtigsten Fakten zusammen und liefern sofort einen Blick auf das Wesentliche.
Ich persönlich habe schon mehrere Menschen verloren und war mit dem schwierigen Thema Tod konfrontiert. Er kam immer abrupt und ließ einem keine Möglichkeit, in Ruhe Abschied zu nehmen. Das war immer der schmerzlichste Aspekt. Hinzu kam die Verdrängung. Bloß nicht näher damit beschäftigen. Was bleibt, sind viele Fragen. Wie gehe ich mit meiner Trauer um? Was passiert jetzt? Fragen, die man als Hinterbliebener hat und die einem keiner wirklich beantworten kann. Das Gespräch mit Gleichgesinnten hilft, aber nicht jeder kann sich damit anfreunden, nicht jeder will das.
Hätte ich dieses Buch schon damals gelesen, hätte mir das sicherlich sehr geholfen. Davon bin ich überzeugt. Wenn man einen Menschen gehen lassen muss, egal ob nach schwerer Krankheit, bei einem Unfall oder ganz unvorhergesehen, dann ist das immer ein schwerer Moment. Er erfordert viel Stärke und Kraft, die man oft gar nicht hat. Die Trauer kann auch dieses Buch einem nicht nehmen, aber es hilft, die Dinge besser zu verstehen, zu akzeptieren und loszulassen. Nach dem Lesen der Lektüre war ich dankbar, voller Bewunderung und tiefem Respekt. Ich möchte es deshalb jedem ans Herz legen, der gerade eine schwere Zeit durchlebt, Abschied nehmen muss oder sich nach einfühlsamen Worten sehnt, die ihn durch die schwere Zeit begleiten.
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