Wer sich der Natur besonders verbunden fühlt, hat die Möglichkeit, sich in einem Bestattungswald beisetzen zu lassen. Eines der bekanntesten Unternehmen, die solche Beisetzungen anbieten, ist FriedWald.
Der Waldboden an diesem milden Herbstmorgen ist bedeckt mit buntem Laub, die Sonne strahlt warmes Licht durch die Baumkronen. Die kleine Trauergemeinschaft schreitet langsam den Pfad herab und kommt an einer alten starken Eiche zum Stehen. Ihre mächtigen Wurzeln graben sich tief in die Erde, davor liegt eine kleine Baumstammscheibe, umrandet von einem Kranz aus grünen, gelben und roten Blättern. Unter der Scheibe wartet das Grabloch, in das die Urne eingelassen wird. Nach und nach treten die Andächtigen nach vorne und geben Blüten und Erde hinzu. Wenn später am Tag ein Spaziergänger den Pfad entlangkommt, bleibt er womöglich kurz stehen, schaut am knorrigen Eichenstamm hinauf und atmet die belebende Waldluft ein. Kein Zeichen weist ihn darauf hin, dass an dieser Stelle zuvor ein Mensch beerdigt wurde.
Rückkehr zur fruchtbaren Erde
Bei einem Fried- oder Bestattungswald handelt es sich um einen Ort, in dem sich Menschen möglichst naturnah bestatten lassen können. Die Baumbestattung ist eine besondere Bestattungsform, der eine Feuerbestattung voraus geht. Das heißt, die letzte Asche kommt in eine biologisch abbaubare Urne, die dann in die Erde vor einen Baum versenkt wird. Wer hier spazieren geht, merkt kaum einen Unterschied zu einem gewöhnlichen Wald. Nur die unauffälligen Plaketten mit Namen an manchen Bäumen zeigen den Besuchern, wer hier unter der Erde begraben ist.
Unter welchem Baum man seine sterblichen Überreste beerdigt haben möchte, kann sich jeder zu Lebzeiten aussuchen. Geschieht dies nicht, wählen die Angehörigen oder Bestatter ein schönes Plätzchen. Das kann ein Gemeinschaftsbaum mit maximal zehn Gräbern, ein Partnerbaum für Paare oder ein Einzelbaum sein. Der Preis richtet sich nach der Baumgrabart. Die garantierte Ruhezeit beträgt 99 Jahre ab Eröffnung des Friedwald Standortes.
Der Wald tröstet
Warum immer mehr Menschen für ihre letzte Ruhe einen Bestattungswald anstelle eines klassischen Friedhofs wählen, weiß Sarah Tabola, Pressesprecherin beim Unternehmen FriedWald: „Menschen, die sich für den Friedwald entscheiden, sind meist Personen, die sich dem Wald sehr verbunden fühlen. Nach ihrem Tod an den Ort zurückzukehren, wo sie sich schon zu Lebzeiten wohl gefühlt haben, ist für viele ein tröstlicher Gedanke. Ebenso fungieren der Wald und der Baum an sich als Tröster – im Wald kommen Menschen zur Ruhe, entspannen und erholen sich, tanken neue Kräfte. Die positive Wirkung der Natur auf die menschliche Psyche hilft bei der Trauerbewältigung.“
Neben der unmittelbaren Naturnähe bewegt auch der Gedanke an die Angehörigen viele, einen Friedwald aufzusuchen. Da hier keinerlei Grabschmuck vorgesehen ist, fällt keine Pflegearbeit für die Hinterbliebenen an. Und wenn man doch eine kleine Erinnerung dalassen möchte? „Wer sich für eine Beisetzung im Friedwald entscheidet, entscheidet sich auch dafür, der Natur die Grabpflege zu überlassen. Der Wald soll in seinem ursprünglichen Zustand bleiben. Statt an der Beisetzungsstelle etwas abzulegen, können Angehörige und Freunde ein kleines Andenken aus dem Wald mit nach Hause nehmen. Ein Blatt vom Baum des Verstorbenen, ein Zapfen, ein kleiner Ast oder ein Stein, den man in der Nähe des Baumes gefunden hat – alles kann als Erinnerungsstück dienen“, so Tabola.
Kirchlich oder konfessionslos
Was den Glauben betrifft, so können sich in den Bestattungswäldern sowohl Kirchenmitglieder als auch Konfessionslose bestatten lassen. Friedwald erfüllt alle Bedingungen der Kirchen beider Konfessionen, unter denen Geistliche eine Beisetzung in einem Bestattungswald begleiten können. Ob ein Priester oder jemand anders die Abschiedsworte spricht oder ob Stille herrscht, bleibt also jedem selbst überlassen.
Keine Sorge wegen Schadstoffen
Manch einer hat bei einem Bestattungswald Bedenken wegen möglicher Schadstoffe, die mit den Urnen in den Boden gelangen könnten. Eine Studie des Instituts für Forstwissenschaften an der Albert-Ludwigs-Universität Freiburg ist im Jahr 2015 dieser Frage auf den Grund gegangen. Die Ökologen sammelten Bodenproben in drei Friedwäldern und untersuchten diese auf Schwermetalle und pH-Werte. Das Ergebnis war in allen Fällen unbedenklich. Es konnten im Vergleich zu vergleichbaren Waldböden keine erhöhten Schwermetallgehalte festgestellt werden. Die pH-Werte waren wegen der austretenden basischen Stoffe aus der Asche leicht verändert, aber für Mensch und Natur gänzlich unbedenklich.
Spaziergang im Bestattungswald
Friedwälder haben generell am Eingang eine Hinweistafel mit einer Karte stehen. Jedes Urnengrab ist ordnungsgemäß registriert und eingetragen. In Baden-Württemberg, Bayern und Hessen ist eine Einfriedung, also eine Abgrenzung zum öffentlichen Wald, gesetzlich vorgeschrieben. Diese wird in der Regel durch Hecken, Sträucher oder natürliche Verjüngung gestaltet. Ansonsten unterscheidet sich äußerlich nichts von einem ganz normalen Waldgebiet. Jeder kann hier spazieren gehen und sich erholen, auch mit angeleinten Hunden. Wer sich der Würde des Ortes entsprechend verhält, kann sich als Besucher frei bewegen, auch ein kleines Picknick unter dem Baum des verstorbenen Angehörigen ist möglich.
Die Schritte zum Baumgrab
Wer sich überlegt, in einem FriedWald beerdigt zu werden, kann diesen bei einer kostenlosen Waldführung kennenlernen oder direkt bei einem individuellen Baumauswahltermin gemeinsam mit dem Förster auf die Suche nach dem „richtigen Baum“ gehen. Und wenn jemand diese Möglichkeit nicht hat oder die letzten Angelegenheiten den Angehörigen überlassen will? „Dann sollten Sie eine Willenserklärung mit dem Beisetzungswunsch verfassen. Es reicht, wenn diese handschriftlich hinterlegt ist und Angehörige oder enge Freunde wissen, wo diese zu finden ist“, so Tabot. Außerdem kann sich jeder im Internet ein Bild von möglichen Bestattungsbäumen machen. Derzeit gibt es 63 FriedWälder deutschlandweit, der passende Standort kann auf der Online-Karte eingesehen werden.
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