Immer mehr Menschen entscheiden sich dafür, bewusster zu leben und achten darauf, wie sie ihren Einfluss auf die Umwelt zum Positiven verändern können. Dieser Wandel im Bewusstsein findet besonders im Bereich Konsum und Ernährung statt. Die Wege, die viele Lebensmittel und andere Waren bis zu uns hinter sich bringen, können gewaltig sein. Dadurch werden Unmengen an klimaschädlichem CO2 und anderen Treibhausgasen in die Atmosphäre unseres Planeten gepumpt. Dementsprechend setzen umweltbewusste Menschen zum Beispiel verstärkt auf Regionalität, wenn es um ihr Essen oder andere Dinge des Alltags geht.

Umweltfreundlicher Abschied

Aber wie sieht es aus, wenn es um die Planung der eigenen Bestattung oder um die Beisetzung von Angehörigen geht? Wenn jemand sein Leben lang ökologisch bewusst gehandelt und gelebt hat, sollte die Bestattung dann nicht ebenfalls klimafreundlich ablaufen? Tatsächlich machen sich über die CO2-Problematik bei Bestattungen bislang nur die wenigsten Gedanken. Im Gegensatz zum Lebensmitteleinkauf ist eine Beerdigung normalerweise nichts, was normalerweise den Alltag der Menschen bestimmt.

Dabei hinterlässt ein Mensch auch nach seinem Ableben noch einen CO2-Fußabdruck. Entscheidet er sich vor seinem Tod beispielsweise für eine Feuerbestattung, wird bei der Einäscherung eine nicht unbeträchtliche Menge Kohlendioxid freigesetzt. Dazu kommen die Überführung der sterblichen Überreste, der Energieverbrauch in den Räumlichkeiten der Bestatter und die Beschaffung von Särgen, Grabsteinen und der Bepflanzung. Insgesamt führen Bestattungen in Deutschland zu einem Ausstoß von fast einer Viertelmillion Tonnen CO2 im Jahr. Dies hat der Bestattungsdienstleister November Vorsorge & Bestattungen gemeinsam mit der Umweltstiftung myclimate errechnet. Eine bewusste Abwicklung von Seiten der Bestatter kann hier sowohl Treibhausgase als auch Kosten einsparen.

Sind naturnahe Bestattungen wirklich klimafreundlich?

Werner Kentrup ist Bestattermeister und kümmert sich seit 30 Jahren darum, dass Angehörige von Verstorbenen würdevoll Abschied nehmen können. Gemeinsam mit seiner Frau leitet er das Bestattungshaus Hebenstreit & Kentrup, das älteste seiner Art in Bonn. Seit einiger Zeit bietet er mit der „Grünen Linie“ ein Bestattungskonzept an, bei dem Umweltfreundlichkeit im Vordergrund steht. Kentrup kam auf diese Idee, weil immer mehr Menschen sogenannte „naturnahe Beisetzungen“ möchten, sich aber nicht immer bewusst sind, dass dies nicht unbedingt Ökobestattungen sind. „Mir ist in den Gesprächen mit den Menschen aufgefallen, dass sich viele eine Baumbestattung wünschen. Für die Trauerfeier fahren die Angehörigen oft zig Kilometer mit mehreren Autos extra in einen Friedwald. Diese Strecke legen sie nochmals für jeden nachfolgenden Besuch zurück. Dabei haben wir doch in unseren lokalen Ortsteilfriedhöfen Bäume ohne Ende. Wieso nimmt man nicht diese Bäume und setzt dort bei? So habe ich begonnen, mich verstärkt für Nachhaltigkeit bei Bestattungen zu interessieren.“

Unnötige Importe

Weitere Faktoren, die für einen hohen Kohlendioxidausstoß sorgen, sind die Materialien, die bei einer klassischen Beerdigung anfallen. Viele Bestatter in Osteuropa bekommen Holz für ihre Särge, das oft eine lange Reise aus Sibirien zurückgelegt hat. „Ich habe nachgeforscht und gesehen, dass der Preisunterschied bei Sargfabriken aus der Region gar nicht so gravierend ist“, so Kentrup. „Ebenso ist es mit den Sargpolstern, die wir aus hundert Prozent nachhaltigem Hanf oder aus Sägespänen herstellen können.“ Ähnlich verhält es sich mit dem Naturstein für die Grabmäler: Das tonnenschwere Material wird aus Ländern wie Indien und China nach Deutschland verschifft. Dies ist keineswegs notwendig, da die Steinmetze auch hiesige Steine verwenden können. Wenn es ums Grün geht, können pflegeleichte, regionale Pflanzen anstelle von teuren exotischen Importen verwendet werden.

grüner Wald mit einem Waldweg hindurch

Früher war alles öko

Für Bestattermeister Kentrup lohnt es sich beim Thema klimaneutrale Bestattung nicht nur in die Zukunft zu schauen, sondern sich auch in Erinnerung zu rufen, wie unsere Vorfahren bestattet wurden: „Wenn im 18. Jahrhundert jemand zu Hause gestorben ist, blieb der Körper zunächst dort. Dann kam der Schreiner aus der Nachbarschaft, nahm Maß, fertigte den Sarg aus lokalem Holz und brachte diesen dann zum Verstorbenen, der mit seiner Baumwollkleidung hineingelegt wurde. Dann kam das Pferdefuhrwerk und brachte den Toten zur Kirche, wo er in der Erde beigesetzt wurde. Mehr öko geht nicht.“

Der Friedhof als grüne Insel

Bei der Wahl des Beisetzungsortes ist es auch wichtig, darauf hinzuweisen, welche Funktionen klassische Friedhöfe in Orten und Städten erfüllen. Mit ihren Bäumen und Pflanzen stellen sie wichtige Grünzonen dar, die einen großen Beitrag zur Luftqualität, zur Biodiversität, zum Lärmschutz und zum Klima in der Region leisten. Im Gegensatz zu anderen Grünflächen und Parks können Friedhöfe nicht zugebaut werden, sind also zukunftssicher. Außerdem sind sie nicht zu unterschätzende soziale Begegnungsstätten. Wer sich klimafördernd und naturfreundlich bestatten möchte, muss sich also nicht nach Bestattungswäldern in anderen Regionen umschauen. Viele Friedhöfe bieten auch pflegefreie Grabfelder ohne Kreuz oder Grabstein an.

Klimakompensation als mögliche Alternative

Regionalität bei der Überführung und bei der Wahl der Materialien ist also unerlässlich, wenn es um eine möglichst klimaneutrale Bestattung geht. Allerdings sind naturbewusste Bestatter wie Hebenstreit & Kentrup immer noch eher die Ausnahme im Bestatterwesen. Dies weiß auch Christoph Basner, Mitgründer und Geschäftsführer von November, der einen anderen Ansatz auf dem Weg zur Klimaneutralität verfolgt. Sein Unternehmen bietet Beratungen bei der Bestattungsvorsorge und organisatorische Unterstützung bei Todesfällen an. Die Kunden werden deutschlandweit an Bestatter, die sich in ihrer Nähe befinden, weitervermittelt. „Wir beobachten einen Trend hin zur Naturnähe und den verstärkten Wunsch nach klimaneutralen Bestattungsmethoden. In vielen Bereichen haben die Bestatter aber noch nicht die Möglichkeiten, dies umzusetzen. Da wir aber als Unternehmen dennoch möglichst klimaneutral arbeiten möchten, haben wir uns mit myclimate einen Partner gesucht, der uns dabei hilft, den negativen Einfluss der Dienstleister auf die Umwelt zu mindern.“ Die Stiftung myclimate ermittelt die CO2-Fußabdrücke für die jeweiligen Bestattungsformen und berechnet daraus Geldbeträge. Diese kann das Unternehmen dann an Klimaschutzprojekte, zum Beispiel Aufforstungen, spenden. So soll klimaschädigendes Verhalten an anderer Stelle kompensiert werden.

Klimakompensation als Instrument für den Naturschutz ist sicherlich nicht die Lösung aller Probleme, da sie nicht direkt verhindert, dass weiterhin Schadstoffe in die Atmosphäre gelangen. Solange allerdings die Mehrheit in einem Sektor wie dem Bestattungswesen noch auf Rohstoffimporte und Energien aus fossilen Brennstoffen angewiesen ist, kann man durch solch eine Methode sicherlich Gutes tun; indem man Aufmerksamkeit schafft und dabei sinnvolle Projekte unterstützt.

Bestatter, die ihren Schwerpunkt auf klimaneutrale Beerdigungen legen wollen und dabei ihre Friedhöfe und ihre direkte Umgebung verbessern möchten, sollten bei der Beratung also entsprechende Optionen nahelegen und so ein Bewusstsein schaffen. Auf der anderen Seite können Menschen, die ihre eigene Bestattung oder die ihrer Angehörigen planen, die entsprechenden Punkte beim Bestatter ihres Vertrauens ansprechen und auf Regionalität setzen.

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