Es ist bitterkalt an diesem Dezembermorgen. Aber die Sonne scheint und das Wetter ist mehr als freundlich. Eigentlich perfekt für so einen friedlichen und sonst ruhigen Ort – nur die Ruhe fehlt an diesem Dienstag kurz vor Weihnachten. Das monotone Brummen eines Baggers schallt über den Friedhof in Bruchköbel Oberissigheim.
Sven Pracht und sein Kollege Daniel Gabler sind seit kurz nach acht Uhr dabei, ein Grab auszuheben. Es ist zwar nur die Erweiterung eines bestehenden Grabes, in das eine Urne eingelassen werden soll, schweres Gerät ist trotzdem nötig. Bevor gegraben werden kann, muss erst einmal der Grabstein entfernt werden.
Sven Pracht ist von Beruf das, was landläufig als „Totengräber“ bezeichnet wird. Seine richtige Berufsbezeichnung ist „Friedhofswärter“, seine Ausbildung nannte sich „Garten und Landschaftsbauer“.
Gräber ausheben ist tatsächlich nur ein Teil seiner Arbeit. Die Grünflächenpflege und die Wartung der Maschinen gehört genauso dazu, ebenso wie die Blumengestecke auf dem Grab schön anzurichten, danach die Arbeitskluft mit einem schwarzen Anzug zu tauschen und für die Angehörigen der Verstorbenen Fotos vom Grab zu machen. Ein vielseitiger Job, der Sven Pracht trotz aller Routine manchmal ganz schön nahegeht. Vor allem dann, wenn er Menschen beerdigt, die er selbst gekannt hat. Es klingt zunächst etwas fehl am Platz, doch Sven Pracht erzählt uns, dass es durchaus auch schöne Seiten an Beerdigungen gibt. Wenn zum Beispiel bei einer Trauerfeier Familienmitglieder zusammenkommen, die sich Jahre lang nicht gesehen haben und durch den eigentlich traurigen Anlass wieder mehr Kontakt knüpfen.
Sie sehen gerade einen Platzhalterinhalt von YouTube. Um auf den eigentlichen Inhalt zuzugreifen, klicken Sie auf die Schaltfläche unten. Bitte beachten Sie, dass dabei Daten an Drittanbieter weitergegeben werden.
Mehr InformationenEin weiterer schöner Aspekt seiner Friedhofstätigkeit ist vor allem der Kontakt mit den Menschen. Den zählt Sven Pracht zu einer der schönsten Seiten seines Berufs. Für Angehörige, die das Gespräch suchen und vielleicht sonst niemanden zum Reden haben, nehmen sich seine Kollegen und er gerne etwas Zeit und lassen die Arbeit auch mal ruhen. Sie möchten den Trauernden das Gefühl geben, dass sie nicht alleine sind. Dass da jemand ist, der sie versteht.
In Sven Prachts Freundeskreis haben es anfangs einige Freunde skeptisch beäugt, dass er auf dem Friedhof arbeitet. Sie waren der Meinung, in solch einem Umfeld könne man doch nicht arbeiten. Nach den Erzählungen aus seinem Arbeitsalltag hat sich ihre Ansicht mittlerweile zum Positiven gewandelt.
Für Sven Pracht und seinen Kollegen ist der Tod ein alltäglicher Begleiter. Für die meisten Menschen ist er das aber keineswegs; in der Gesellschaft ist er häufig sogar ein Tabuthema. Es passiert oft, dass Verstorbene zu Lebzeiten nie geäußert haben, wie sie sich ihre Beerdigung vorstellen. Soll es eine Bestattung in einer Urne sein, oder doch lieber in einem Sarg? Wie soll die Trauerfeier aussehen? Die zurückgebliebenen Angehörigen können dann oft nur noch raten. Für Sven Pracht ist es deshalb wichtig, dass ein Wandel in der Gesellschaft stattfindet, Menschen mit dem Thema Tod offener umgehen und sich zu Lebzeiten damit auseinandersetzen.
Angst vor dem Tod hat er übrigens nicht. Er ist, genau wie die Geburt, ein Bestandteil des Lebens und kann in manchen Fällen – zum Beispiel bei einer schweren Krankheit – auch eine Erlösung sein.
Andere haben auch gelesen
Sterben & Erben
Wie wird es eigentlich gehandhabt, wenn Obdachlose sterben? In welchen Gräbern werden sie beerdigt und wer kommt für die Kosten auf?
Sterben & Erben
Heutzutage geht fast alles online – warum also sollte es nicht möglich sein, auch eine Beerdigung digital zu planen? Tatsächlich ist es kein Problem mehr, eine Bestattung komplett online zu organisieren. Man muss nur wissen, wo und wie.
Sterben & Erben
Die Grabsteine von Amrum beinhalten nicht nur das Geburts- und das Sterbedatum, sondern sie erzählen eine Geschichte des Verstorbenen. Die „sprechenden Steine“ sind ein Monument und Denkmal und ermöglichen dem Besucher eine Reise durch die äußerst interessante Geschichte der Nordseeinsel Amrum.
Sterben & Erben
Junge Menschen können aber einiges tun, um fürs Alter vorzusorgen. Welche Möglichkeiten sich anbieten, das erfährst du in den nachfolgenden Tipps für die Altersvorsorge für junge Menschen.
Sterben & Erben
Rund um die Welt existieren verschiedene Trauerrituale und Arten mit dem Tod umzugehen. Hier erfährst du wie man in den verschiedenen Ländern trauert.
Sterben & Erben
Was passiert, wenn man das Erbe nicht antreten möchte? Und in welchen Fällen sollte man das Erbe besser ausschlagen? In diesem Beitrag geben wir Antworten.
Sterben & Erben
Eine Trauerrede zu verfassen ist nicht leicht. Was es dabei zu beachten gilt und auch welche Möglichkeiten man hat, zeigen wir in diesem Beitrag.
Sterben & Erben
Jeder Mensch trauert anders. Dennoch gibt es einige Tipps, die bei der Trauerbewältigung unterstützen können.