Es ist bitterkalt an diesem Dezembermorgen. Aber die Sonne scheint und das Wetter ist mehr als freundlich. Eigentlich perfekt für so einen friedlichen und sonst ruhigen Ort – nur die Ruhe fehlt an diesem Dienstag kurz vor Weihnachten. Das monotone Brummen eines Baggers schallt über den Friedhof in Bruchköbel Oberissigheim.

Sven Pracht und sein Kollege Daniel Gabler sind seit kurz nach acht Uhr dabei, ein Grab auszuheben. Es ist zwar nur die Erweiterung eines bestehenden Grabes, in das eine Urne eingelassen werden soll, schweres Gerät ist trotzdem nötig. Bevor gegraben werden kann, muss erst einmal der Grabstein entfernt werden.

Sven Pracht ist von Beruf das, was landläufig als „Totengräber“ bezeichnet wird. Seine richtige Berufsbezeichnung ist „Friedhofswärter“, seine Ausbildung nannte sich „Garten und Landschaftsbauer“.

Gräber ausheben ist tatsächlich nur ein Teil seiner Arbeit. Die Grünflächenpflege und die Wartung der Maschinen gehört genauso dazu, ebenso wie die Blumengestecke auf dem Grab schön anzurichten, danach die Arbeitskluft mit einem schwarzen Anzug zu tauschen und für die Angehörigen der Verstorbenen Fotos vom Grab zu machen. Ein vielseitiger Job, der Sven Pracht trotz aller Routine manchmal ganz schön nahegeht. Vor allem dann, wenn er Menschen beerdigt, die er selbst gekannt hat. Es klingt zunächst etwas fehl am Platz, doch Sven Pracht erzählt uns, dass es durchaus auch schöne Seiten an Beerdigungen gibt. Wenn zum Beispiel bei einer Trauerfeier Familienmitglieder zusammenkommen, die sich Jahre lang nicht gesehen haben und durch den eigentlich traurigen Anlass wieder mehr Kontakt knüpfen.

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Ein weiterer schöner Aspekt seiner Friedhofstätigkeit ist vor allem der Kontakt mit den Menschen. Den zählt Sven Pracht zu einer der schönsten Seiten seines Berufs. Für Angehörige, die das Gespräch suchen und vielleicht sonst niemanden zum Reden haben, nehmen sich seine Kollegen und er gerne etwas Zeit und lassen die Arbeit auch mal ruhen. Sie möchten den Trauernden das Gefühl geben, dass sie nicht alleine sind. Dass da jemand ist, der sie versteht.

In Sven Prachts Freundeskreis haben es anfangs einige Freunde skeptisch beäugt, dass er auf dem Friedhof arbeitet. Sie waren der Meinung, in solch einem Umfeld könne man doch nicht arbeiten. Nach den Erzählungen aus seinem Arbeitsalltag hat sich ihre Ansicht mittlerweile zum Positiven gewandelt.

Für Sven Pracht und seinen Kollegen ist der Tod ein alltäglicher Begleiter. Für die meisten Menschen ist er das aber keineswegs; in der Gesellschaft ist er häufig sogar ein Tabuthema. Es passiert oft, dass Verstorbene zu Lebzeiten nie geäußert haben, wie sie sich ihre Beerdigung vorstellen. Soll es eine Bestattung in einer Urne sein, oder doch lieber in einem Sarg? Wie soll die Trauerfeier aussehen? Die zurückgebliebenen Angehörigen können dann oft nur noch raten. Für Sven Pracht ist es deshalb wichtig, dass ein Wandel in der Gesellschaft stattfindet, Menschen mit dem Thema Tod offener umgehen und sich zu Lebzeiten damit auseinandersetzen.

Angst vor dem Tod hat er übrigens nicht. Er ist, genau wie die Geburt, ein Bestandteil des Lebens und kann in manchen Fällen – zum Beispiel bei einer schweren Krankheit – auch eine Erlösung sein.

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