Es ist noch nicht allzu lange her, da war das Rollenbild der Frau klar vorgegeben: Frauen waren für die Familienfürsorge und den Haushalt zuständig, während der Mann draußen in der Arbeitswelt das Geld verdiente. Aber die Zeiten haben sich geändert: 2017 waren 71,5 Prozent aller Frauen in Deutschland berufstätig – mehr als in den meisten anderen Ländern. Eine berufliche Karriere rückt für viele Frauen in den Vordergrund.
Allerdings sagt dies nicht viel über die Qualität oder die Aufstiegschancen dieser Arbeitsplätze aus. Tatsächlich steht in der Statistik der Arbeitsagentur von 2018: „Die Zunahme der Frauenbeschäftigung in den letzten zehn Jahren basiert fast allein auf mehr Teilzeitbeschäftigung, diese ist um 2,8 Millionen gestiegen. Die Zahl der vollzeitbeschäftigten Frauen hat sich hingegen faktisch nicht verändert.“ Teilzeitjobs gehen nur selten mit großen Karrieresprüngen einher und sprechen eher dafür, dass die Betreffenden sich aufgrund familiärer Verpflichtungen nicht voll für eine Tätigkeit einsetzen können. Wenn es um den Verdienst geht, wird die Statistik noch deutlicher: Frauen verdienten 2017 im Durchschnitt 13 Prozent weniger als Männer.
Und bei den Führungspositionen großer Unternehmen? Auch hier kann von einer Gleichstellung kaum die Rede sein: Der Frauenanteil in den Vorständen in den Top 200 Unternehmen in Deutschland betrug zwischen 2006 und 2019 gerade einmal 10,4 Prozent.
Welche Gründe gibt es für die Benachteiligung von Frauen?
Gesellschaftlicher Wandel und politischer Druck, etwa in Form der Frauenquote, haben zwar dafür gesorgt, dass die Chancen für Frauen auf höhere Stellen gestiegen sind. Wie die Zahlen zeigen, verläuft die Entwicklung allerdings eher schwach. Es scheint so, dass traditionelle Rollenbilder trotz allen Entwicklungen nach wie vor die Geschäftswelt beherrschen. Frauen, die die Karriereleiter erklimmen wollen, müssen sich in von Männern dominierten Chefetagen und in deren Netzwerken behaupten. Führungskräften werden nach wie vor als männlich geltende Eigenschaften, wie Stärke und Durchsetzungskraft zugeschrieben.
Dazu kommt, dass Familie und Beruf nach wie vor schwierig zu vereinbaren sind. Die Betreuungssituation für Kleinkinder in Deutschland ist miserabel. Neun von zehn Kitas berichten von bedenklich zu wenig Personal. Berufstätige Mütter haben oft keine andere Wahl als ihre Karrieremöglichkeiten für ihr Kind zurückzustellen und sich Teilzeitjobs mit wenig Aufstiegschancen zu suchen. Gleichzeitig scheuen Arbeitgeber davor zurück, vermehrt Frauen einzustellen, da eventuelle Mutterschaften für sie Risiken darstellen. Rechtlich gesehen darf dies zwar kein Grund für eine Ablehnung sein, aber in der Realität sieht dies oft anders aus. Tatsächlich ist es oft so, dass erst außerordentliche Umstände dafür sorgen, dass Frauen sich in ihrem Job nur schwer selbstverwirklichen können. So schaffen es viele weibliche Führungskräfte erst nach oben, wenn sich kein männlicher Kandidat für eine Position findet, oder wenn öffentlicher Druck für mehr Diversität ausgeübt wird.
Bei all diesen Hürden müssen sich Frauen noch dem Vorwurf stellen, generell über mangelndes Selbstbewusstsein zu verfügen. Gleichzeitig stehen Frauen, die es in verantwortungsvolle Positionen geschafft haben, unter verstärktem Leistungsdruck.
Netzwerke bilden
Netzwerken gilt als eines der wichtigsten Instrumente, wenn es um den beruflichen Aufstieg geht. Die besten Stellen werden gewöhnlich an bekannte Gesichter vergeben, lange bevor sie öffentlich ausgeschrieben werden. Auch hier wird Frauen nachgesagt, dass sie sich schwerer tun, als ihre männlichen Kollegen. In der Tat kann es schwierig sein, sich in männerdominierten Kreisen einen gleichgestellten Respekt zu holen – selbst, wenn die Herren überhaupt nicht ausgrenzend sein wollen.
Wer sich mit anderen Frauen über Karriere austauschen, oder sich speziell in seiner Branche für Gleichstellung engagieren will, findet Unterstützung in zahlreichen Organisationen für Frauenförderung. So bieten die Working Moms gemeinschaftliche Unterstützung für berufstätige Frauen. Die WeiberWirtschaft gibt Gründerinnen und Unternehmerinnen eine Plattform, in der sie Beratung erhalten und sich miteinander vernetzen können. Der Verband deutscher Unternehmerinnen (VdU) repräsentiert frauengeführte mittelständische Unternehmen in Industrie und Handwerk. Beim Deutschen Juristinnenbund (djb) können sich Rechts- und Wirtschaftswissenschaftlerinnen vernetzen. Und wer Diversität in der Digitalbranche mitfördern will, kann sich mit den GlobalDigital Women connecten.
Mentoring und Sponsoring – Von Erfahrungsschätzen lernen
Die Geschäftswelt ist hart und funktioniert nach eigenen Regeln. Wer hier nicht die nötige Durchsetzungskraft zeigt und nicht weiß, wie man sich strategisch verhält, bleibt schnell auf der Strecke. Da kann es unbezahlbar sein, jemanden an seiner Seite zu haben, der diese Gewässer bereits erfolgreich durchsegelt hat. Gerade für junge Frauen in männerdominierten Brachen können Mentoren und Sponsoren ausschlaggebende Unterstützung liefern.
Mentoren stehen einem als erfahrene Berater in persönlichen Gesprächen zur Seite. Sie nehmen eine Vorbildfunktion ein und begleiten die persönliche und berufliche Entwicklung ihrer Mentees. Als Branchenkenner haben sie wichtige Einblicke in die Strukturen der Unternehmen und können über Ecken und Winkel aufklären. Speziell für Frauen gibt es entsprechende Programme.
Sponsoren nehmen hingegen aktivere Rollen ein. Während es Mentoren auf jeder Führungsebene gibt, finden sich Sponsoren eher in Senior Manager Positionen. Sie haben nicht nur Ratschläge übrig, sondern zeigen konkreten Einsatz. So können sie die richtigen Leute, etwa im Vorstand, auf die Stärken ihres Schützlings aufmerksam machen und dafür sorgen, dass diese bei Stellenvergaben berücksichtigt werden. Wer das Glück hat, einen fähigen Sponsor zu finden, hat beste Chancen auf den Aufstieg.
Stärke zeigen und positiv bleiben
Ob man für eine steile berufliche Karriere mit einem hohen Grad von Verantwortung geeignet ist, hängt letztlich auch stark vom inneren Mindset ab. Besonders erfolgreiche Frauen raten jüngeren Berufseinsteigerinnen, sich auf die Dinge zu konzentrieren, die einem Spaß machen. Sich selber etwas zuzutrauen und dies mit Kraft und Flexibilität in die Tat umzusetzen, ist sicher das Wichtigste. Aber wer keine Freude bei seiner Arbeit empfindet und alles aus Pflichtbewusstsein oder rein für den finanziellen Gewinn tut, wird in seinem Berufsleben keine Erfüllung finden. Das gilt für Frauen genauso wie für Männer.
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