Arbeit ist das halbe Leben, sagt ein Sprichwort. Aber was, wenn die Arbeit einem noch die andere Hälfte raubt? Der tägliche Broterwerb ist für die meisten Menschen eine ständige Belastung. Das kann durch harte körperliche Arbeit geschehen, etwa bei handwerklichen Berufen, oder durch ermüdende Handlungen in einer Fabrik. Und wer den ganzen Tag im Bürostuhl sitzt, ist auch nicht vor gesundheitsschädlichen Belastungen gefeit.
Worauf sollte man achten, wenn man nach Jahrzehnten der Arbeit noch möglichst lange leben möchte? Und was ist mit dem Gerücht, dass gutverdienende Menschen länger leben als Menschen mit Niedriglöhnen?
Höheres Einkommen = Höhere Lebenserwartung?
Auf den ersten Blick scheint etwas dran zu sein, an der der Aussage, dass Besserverdienende statistisch länger leben, als solche in unteren Einkommensklassen. So besagt die Studie „Menschen mit hohen Einkommen leben länger“ vom Deutschen Institut für Wirtschaftsforschung (DIW), dass Frauen über 65 in einem wohlhabenden Haushalt eine um drei Jahre höhere Lebenserwartung haben – Männer sogar eine fünf Jahre höhere Lebenserwartung. Auch eine amerikanische Studie von 2014 hat einen Zusammenhang zwischen hohen Einkommen und Langlebigkeit festgestellt.
Lassen Zahlen auf dem Kontoauszug Menschen länger leben? Sicherlich nicht. Die Studie vom DIW weist darauf hin, dass das Einkommen nicht kausal mit der Lebenserwartung zusammenhängt, sondern lediglich auf weitere Faktoren hinweist. So führen die Wissenschaftler die niedrigere Lebenserwartung in Niedriglohnhaushalten auf Belastungen wie finanzielle Knappheit, Mangel an sozialen Netzwerken, Freizeitaktivitäten und Bildung sowie harten physischen Beanspruchungen zurück.
Eine dänische Studie von 2018 relativiert die Ungleichheit von Einkommen und Lebenserwartung noch mehr. Sie berechnet den Fakt mit ein, wonach viele Menschen im Laufe des Lebens ihre Einkommensklasse wechseln. Berücksichtigt man dies, halbieren sich die Unterschiede zwischen den Lebenserwartungen von Besserverdienern und Geringverdienern. Es sind also viel mehr die Ausmaße der Belastungen während eines Arbeitslebens und weniger die Höhe des Gehaltsschecks, die über die Höhe der Lebenserwartung bestimmen.
Körperliche und geistige Belastungen
Körperliche Tätigkeiten können zu Belastungserscheinungen und einer kürzeren Lebenserwartung führen. Bei Berufen im Handwerk, in Garten und Feld oder in anderen herausfordernden Umgebungen kommt es oft zu Problemen mit Rücken und Bandscheiben, Herz-Kreislauf und Gelenkabnutzungen. Wer viel körperlich arbeitet, muss mit der Wahrscheinlichkeit leben, dass eine zu hohe Belastung irgendwann zu Arbeitsunfähigkeit führen kann.
Folgen von geistiger Überarbeitung – Stress, Burnout, Karōshi
Auch geistige Arbeit, wie sie Millionen Menschen jeden Tag in Büros vollziehen, kann zu körperlichen Leiden führen, die die Lebenserwartung beeinträchtigen. Einige Probleme sind Rückenleiden, Augenschäden (Office-Eye), Kopfschmerzen und Herz-Kreislauf-Probleme, welche teilweise zu den häufigsten Krankheiten am Arbeitsplatz zählen.
Büroarbeit ist aber vor allen Dingen psychisch fordernd. Zeit- und Leistungsdruck, Auseinandersetzungen mit Kollegen und Vorgesetzten und wachsende Verantwortungen können zu chronischen Stresserscheinungen führen. Die Folgen sind dauernde Ermüdung, Stimmungsschwankungen, Gereiztheit, mangelnde Produktivität, Konzentrationsschwächen sowie pessimistische Gedankengänge, bis hin zur Depression. Wenn mehrere solcher Symptome so stark werden, dass man sich nicht mehr fähig fühlt zu arbeiten, nennt man dies Burnout-Syndrom.
Lange Arbeitstage ohne Pausen und übermäßige Überstunden verstärken das Risiko von Überarbeitung und Burnout. Dass dies nicht nur vorübergehendes Unwohlsein bedeutet, zeigen Extremfälle in Japan, wo es durch die harten Arbeitsbedingungen immer wieder zu Todesfällen kommt. Die Japaner haben sogar ein eigenes Wort dafür – Karōshi. Bekannt geworden ist 2017 ein Fall einer 31-jährigen Journalistin in Tokyo, die nach 159 Überstunden in einem Monat einem Herzinfarkt erlag – Tod durch Überarbeitung.
Mangelnder Schlaf – Das Schichtarbeiter-Syndrom
Einer der größten Fehler, die jemand mit hohem Arbeitspensum im Alltag machen kann, ist die Vernachlässigung von Schlaf. Schlafmangel führt zu verminderter Leistungsfähigkeit im Gehirn und hat zahlreiche negative Auswirkungen. So ist man unausgeschlafen weniger konzentriert und anfälliger für Fehler und Unfälle. Der natürliche biologische Rhythmus wird durch Nachtschichten gestört, was Auswirkungen auf die für geistige Fitness wichtigen Neurotransmitter wie Melatonin und Serotonin hat. Einschlafstörungen und chronische Müdigkeit sind die Folgen. Es ist also ein Trugschluss zu glauben, man wäre produktiver, wenn man Überstunden in die Arbeit investiert und diese dann vom notwendigen Schlaf abzieht.
Schichtarbeiter, etwa Pflegedienstleister, die auch nachts arbeiten müssen, leiden am stärksten unter den negativen Folgen von Schlafmangel. Studien haben gezeigt, dass häufige Nachtschichten das Sterblichkeitsrisiko um ganze zehn Prozent erhöhen. Herz-Kreislauf-Erkrankungen und sogar Lungenkrebs wurden mit höheren Sterblichkeitsraten bei Schichtarbeitern im Pflegebereich in Verbindung gebracht. Auch das Nervensystem wird nachts stärker belastet, was zu Entzündungsreaktionen und Veränderungen im Fett- und Zuckerstoffwechselhaushalt führen kann.
Was kann man gegen Belastungen am Arbeitsplatz tun?
Auszeiten nehmen
Wer das Gefühl hat, die Arbeit überfordert einen bis an die Grenzen, sollte seinen Tages- und Wochenrhythmus überdenken. An welchen Tagen kommt man am schlechtesten aus dem Bett und wann hat man die meisten Probleme einzuschlafen? Die Einrichtung von festen Ruhezeiten, an denen selbst das Smartphone ausbleibt, kann helfen, seinen eigenen Rhythmus wiederzufinden. Regelmäßige Meditation ist etwas, was außer ein paar Minuten Zeit nichts kostet und die geistigen Akkus wieder aufladen kann.
Neben täglichen Ruhepausen sollte man sich ausreichend längere Auszeiten nehmen. Viele Menschen verbrauchen noch nicht einmal ihre zugesagten Urlaubstage und wundern sich darüber, dass sie ständig so abgeschlagen sind. Die Auszeiten sollten dafür genutzt werden, sich so gut wie möglich zu entspannen. Hat man danach immer noch ein schlechtes Gefühl beim Gedanken an den Arbeitsplatz – sei es durch das zu hohe Arbeitspensum oder durch toxische Kollegen, sollte man sich die Frage stellen, ob man nicht die Stelle ganz wechselt und etwas Neues probiert.
Sport treiben
Die meisten Arbeiten – körperlich oder geistig – schlagen irgendwann auf Rücken und Wirbelsäule und das Herz-Kreislaufsystem. Um dem entgegenzuarbeiten ist es wichtig, regelmäßig sportlich aktiv zu sein. Es muss nicht unbedingt Leistungssport sein, es gibt verschiedene Sportarten für den mentalen Ausgleich. Beispielsweise erhöhen schon einfache Streck- und Dehnübungen die Flexibilität und beugen Schäden an Muskeln und Nerven vor. Systeme wie Yoga oder Pilates wirken dazu noch stressreduzierend. Ein paar Runden im Schwimmbad verbessern die Kondition, sind rückenschonend und tun Wunder gegen schlechte Laune. Und Muskelaufbau im Fitnessstudio ist ebenfalls bestens für die Konstitution.
Gute Kontakte pflegen
Besonders, wer nach Feierabend noch eine Reihe weiterer Verpflichtungen hat, läuft Gefahr, sich nicht nur zu überarbeiten, sondern dabei auch seine sozialen Kontakte außerhalb des Jobs zu vernachlässigen. Menschen, die einem nahe stehen sind die wichtigsten Säulen, wenn es einmal schlechter läuft. Wer nur mit Menschen aus der Arbeitsmaschine kommuniziert, lässt sich leichter mehr Arbeit aufhalsen als gut für ihn ist. Deshalb ist es wichtig, in einem separaten Freundeskreis weg vom leistungsbetonten Arbeitskreis zu kommen.
Professionelle Hilfe suchen
Der Job wächst einem über den Kopf und eigentlich will man morgens gar nicht mehr aufstehen und zum Arbeitsplatz gehen? Oder der Rücken macht einfach nicht mehr mit, aber man weiß nicht, wie es sonst weitergehen soll? Arbeitet man, um zu leben oder lebt man nur noch, um zu arbeiten? Wenn die Belastungen so hart werden, dass sie langsam zu einem Burnout oder einer echten existenziellen Krise führen, ist es Zeit sich professionelle Hilfe zu suchen. Es gibt Psychologen und Therapeuten, die sich auf Menschen mit hohen Arbeitsbelastungen spezialisiert haben und mit denen man individuelle Lösungen finden kann. Der Hausarzt oder die Hausärztin kann schon mal Klarheit über die körperlichen Symptome schaffen und dann an Spezialisten weiterleiten.
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