Die BAföG-Förderung zu beantragen stellt viele Menschen vor eine nicht zu unterschätzende bürokratische Herausforderung – aber der Aufwand lohnt sich: Im schlechtesten Fall winkt nur eine Absage, im besten Fall erhalten Studierende oder Auszubildende wertvolle finanzielle Unterstützung vom Staat, um sich die berufliche Weiterbildung leisten zu können.
BAföG steht für „Bundesausbildungsförderungsgesetz“, das aktuell rund eine Million Jugendliche und Studierende finanziell bei ihrer Ausbildung unterstützt. Sie alle haben die bürokratische Hürde erfolgreich genommen, an der jährlich schätzungsweise rund 90 Prozent der Bewerber und Bewerberinnen zunächst scheitern – wegen unvollständiger oder falsch ausgefüllter Antragsunterlagen. Daher steht Sorgfalt, Gründlichkeit und Geduld an erster Stelle, wenn man den aufwändigen Antragsprozess in Angriff nehmen möchte.
Wie viel Geld darf ich zusätzlich zur Verfügung haben?
Bei der Berechnung der Bedarfssätze bleiben Teile des Einkommens anrechnungsfrei. Es lohnt sich deshalb, bereits im Vorfeld nachzuprüfen, wie weit das verfügbare Einkommen die aktuellen Freibeträge übersteigt. Dazu zählen zum Beispiel das Einkommen der Eltern und gegebenenfalls des Ehepartners. Auch die Anzahl der Geschwister, der eigenen Kinder und ob der Antragsteller bereits einen Nebenjob hat, spielt hier eine Rolle.
Hier eine Übersicht über einen Teil der Freibeträge, die beim BAföG-Antrag gewährt werden (Stand: August 2020):
- Eigenes Einkommen: Zusätzlich zum eigentlichen Freibetrag von 290 Euro werden Kosten für Sozialabgaben und die Werbungskostenpauschale berücksichtig. BAföG-Empfänger dürfen mit einem Minijob somit bis zu 450 Euro im Monat verdienen.
- Weitere 570 Euro Freibetrag stehen für jedes leibliche Kind in Aussicht.
- Soll das Einkommen der Eltern auch berücksichtigt werden, dann liegt der Freibetrag entweder bei 1.890 Euro, wenn die Eltern verheiratet sind bzw. in einer eingetragenen Lebenspartnerschaft leben – oder 1.260 Euro pro alleinstehenden Elternteil.
Die genauen Beträge lassen sich direkt über die Support-Mail des BAföG-Amts erfragen. Diese Infos können durchaus bei der Beurteilung helfen, ob sich der BAföG-Antrag und der damit verbundene Zeitaufwand auch finanziell tatsächlich lohnt.
Darf ich überhaupt BAföG beantragen?
Hierüber entscheiden drei wesentliche Kriterien:
1) Die gewünschte BAföG-Ausbildung muss „förderungsfähig“ sein. Das bedeutet, dass eine der folgenden Ausbildungsstätten besucht werden muss:
- Weiterführende Allgemeinbildende Schulen ab Klasse 10
- Berufsfachschule ab Klasse 10
- Fach- und Fachoberschlussklassen
- Abendhauptschulen, -realschulen, -gymnasien und Kollegs
- Höhere Fachschulen und Akademien
- Hochschulen
2) Die „persönlichen Förderungsvoraussetzungen“ müssen erfüllt werden. Darunter fällt vor allem der Besitz der deutschen Staatsbürgerschaft. Ansonsten muss der Antrag auf das sogenannte „BAföG für Ausländer“ gestellt werden.
3) Die Kosten der Ausbildung können nicht allein durch das eigene Einkommen oder über das Einkommen unmittelbarer Angehöriger bestritten werden. Die finanzielle Unterstützung ist also nachweislich notwendig und wird nicht als „Aufbessern des Taschengelds“ verstanden.
Wo beantrage ich BAföG?
Zur Überraschung vieler gibt es keine zentrale Anlaufstelle für BAföG-Antragsteller. Stattdessen hat jedes Studentenwerk einer Hochschule ein eigenständiges BAföG-Amt, wo die Anträge abgegeben werden müssen. Daher ist es auch erst dann möglich, sich für BAföG zu bewerben, wenn man bereits an der jeweiligen Hochschule eingeschrieben ist. Wer hingegen ein Auslandssemester plant, sollte sich unbedingt mit den Koordinatoren des eigenen und ausländischen Instituts in Kontakt setzen, um die jeweiligen Modalitäten zu klären.
Wird statt der Universität ein Abendgymnasium oder Kolleg besucht, dann ist nicht das Studentenwerk, sondern das Amt für Ausbildungsförderung der Kreis- oder Stadtverwaltung zuständig. Hier können ebenfalls Schulkoordinatoren weiterhelfen, meist stehen die BAföG-Adressen aber bereits auch in den jeweiligen Kurs-Unterlagen.
Wie beantrage ich BAföG?
Die zentrale Frage mit der vermeintlich kompliziertesten Antwort: Wie beantragt man denn nun eigentlich BAföG? Dabei ist das Prozedere eigentlich recht überschaubar.
Zunächst beantragt man die Unterlagen und Formblätter beim zuständigen Amt (siehe oben). Sobald das 15. Lebensjahr vollendet wurde, kann der Antragsteller die Unterlagen selbst beantragen, ansonsten müssen das gesetzliche Vertreter übernehmen.
Die Zeitspanne, für die eine Gewährung der BAföG-Gelder bewilligt wird, beträgt normalerweise ein Jahr. Die Höchstdauer ist die Regelstudienzeit beziehungsweise das Ende der Ausbildung.
Insgesamt müssen sich Antragsteller mit acht Formblättern auseinandersetzen, die je nach individueller Lebenslage mal mehr, mal weniger ausführlich ausgefüllt werden müssen. Hier geht es um Angaben zur eigenen Person, Einkommensverhältnissen, Ausbildungszielen, Familienstand und weiteren biographischen Angaben. Einige der acht Formblätter sind nur relevant, wenn ein Studium im Ausland angestrebt wird oder sich die Einkommensverhältnisse der Eltern während der eigenen Ausbildung absehbar ändern werden.
Eine große bürokratische Erleichterung gibt es mittlerweile: Heute müssen Antragssteller nicht mehr Mietbescheinigungen bei ihren Anträgen beilegen. Stattdessen wird eine Wohnpauschale berechnet, die nicht mehr auf die Mietkosten Rücksicht nimmt. Diese Pauschale ist nur noch von dem Faktor abhängig, ob man bei den Eltern wohnt oder nicht. Hier reicht eine Kopie des Mietvertrags oder ein Meldebeleg als Nachweis aus.
Kann ich während des Studiums BAföG beantragen?
Was viele nicht wissen: Tatsächlich ist es auch möglich, noch während des Studiums BAföG zu beantragen. Dann müssen dem Antrag allerdings auch Nachweise beigelegt werden, die den bisherigen Leistungsfortschritt nachweisen. Außerdem ist die Bearbeitungszeit wesentlich höher – und Geld gibt es erst, wenn der Antrag bewilligt wurde. Als schnelle Geldspritze nützt BAföG hier also nicht.
Ist der Antrag schließlich angenommen, lohnt es sich noch einmal in der ersten Postzuschrift alle aufgelisteten Daten und Beträge auf ihre Richtigkeit zu prüfen. Wer hingegen abgelehnt wurde, kann zwar gerichtlich Einspruch einlegen, sollte sich aber doch erst einmal direkt an das zuständige Amt wenden, die den Antrag weitergeleitet hat. In vielen Fällen sind einfache Missverständnisse oder falsch ausgefüllte Textfelder für die Ablehnung verantwortlich.
Alles in allem ist der BAföG-Antrag sicherlich ein aufwendiger bürokratischer Prozess im Leben eines jungen Erwachsenen, kann sich gleichzeitig aber auch enorm lohnen: Die finanzielle Unterstützung hilft, die eigene Ausbildung zu finanzieren – und nach der Bewilligung der BAföG-Zahlungen haben Antragsteller genug Zeit, in monatlichen Kleinbeträgen ihre Schulden zurückzuzahlen. Eine Schuldenfalle wartet hier also nicht.
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