Früher war die Sache klar: Wer das Gymnasium erfolgreich abschließt, wird Akademiker, wer einen niedrigeren Bildungsabschluss erhält, orientiert sich in den Handwerksberufen. Zwischen diesen beiden Berufswegen gab es nur wenig Durchfluss. Mittlerweile hat sich das allerdings geändert – zum Glück: seit einigen Jahren ermöglicht das duale Studium die Kombination von handwerklicher und universitärer Ausbildung, um dem Fachkräftemangel entgegenzuwirken und auch Menschen mit höherem Schulabschluss für die traditionellen Handwerksberufe zu begeistern.
Und jetzt gibt es eine weitere Alternative, die auf dem Prinzip des dualen Studiums aufbaut, sich aber doch in einigen wesentlichen Punkten unterscheidet: das triale Studium, das die erfolgreichen Absolventen mit gleich drei Berufsqualifikationen ins Arbeitsleben entlässt.
Triales Studium: Was steckt dahinter?
Das triale Studium kombiniert akademisches Studium, Gesellen-Ausbildung und Meister-Ausbildung. Absolventen erhalten so nach rund viereinhalb Jahren den Gesellenbrief, Meisterbrief und den Bachelor-Abschluss im Fach „Handwerksmanagement“. Das triale Studium verbindet also Theorie mit Praxis und soll wie auch das duale Studium dem drohenden Fachkräftemangel in traditionellen Handwerksberufen entgegenwirken.
Diese Studienform ist wie ein beruflicher Kickstarter zu verstehen: Wo andere sieben Jahre oder länger brauchen, um die entsprechenden Abschlüsse zu erlangen, können Absolventen eines trialen Studiums bereits wesentlich früher ins Arbeitsleben einsteigen und sind dabei bestmöglich qualifiziert: Sie können nicht nur die einfachen Aufgaben eines Betriebs übernehmen, sondern auch direkt in die Position einer Führungskraft aufsteigen. In der Regel wird während des trialen Studiums außerdem eine Ausbildungseignungsprüfung abgelegt, die den Absolventen später dazu ermächtigt, Azubis im Betrieb einzustellen und auszubilden.
Mittlerweile bieten 19 Handwerksberufe dieses Studium in Deutschland an: Augenoptiker, Bäcker, Dachdecker, Elektrotechniker, Feinwerkmechaniker, Fliesen-, Platten- und Mosaikleger, Friseure, Informationselektroniker, Karosserie- und Fahrzeugbaumechaniker, Kraftfahrzeugmechatroniker, Konditor, Maler und Lackierer, Maurer und Metallbauer. Grundsätzlich kann jeder Handwerksbetrieb das triale Studium anbieten, der eine Ausbildungsberechtigung besitzt und die Zusammenarbeit mit einer Hochschule nachweisen kann.
Im Vergleich zu den klassischen Ausbildungswegen oder auch dem dualen Studium ist das triale Studium noch ein recht junges Modell, das allerdings eine Einstiegshürde bereithält: Alle Interessenten müssen einen Eignungstest bestehen, der aus einer Persönlichkeitsanalyse, einem Auswahlgespräch und meist auch einem Sprachtest für Englisch besteht. Mit dieser Zugangshürde wollen die Anbieter des Studiums sichergehen, dass die Bewerber wissen, worauf sie sich einlassen – denn das triale Studium ist nicht für alle geeignet.
Für wen eignet sich das triale Studium?
Das triale Studium ist vor allem für leistungsstarke (Fach-) Abiturienten geeignet, die mit einer beruflichen Zukunft im Handwerk liebäugeln.
Grundlegend und selbstverständlich sollte ein gewisses Interesse am Handwerk vorhanden sein. Dazu kommen als weitere Anforderungen eine hohe Belastbarkeit, Lernfähigkeit, Eigenmotivation und Disziplin – denn das Studium ist anspruchsvoll, straff geplant und setzt viel auf Eigeninitiative der Studierenden. Daneben ist aber auch eine gewisse finanzielle Absicherung notwendig: Normalerweise sind die Gehälter in den Ausbildungsberufen zu Beginn zu niedrig, um davon den eigenen Lebensunterhalt bestreiten zu können. BAföG oder Studienkredite sind also Finanzierungsmodelle, mit denen sich Interessenten im Vorfeld auseinandersetzen sollten.
Wie läuft das triale Studium ab?
Das triale Studium ist streng und straff strukturiert. Die erste Phase ist die Ausbildung, die innerhalb von zweieinhalb Jahren im gewählten Ausbildungsbetrieb und ergänzend am Berufskolleg absolviert wird. Parallel dazu müssen die Studierenden bereits die ersten Kurse ihres Bachelor-Studiums absolvieren.
Um all diese Leistungsanforderungen unter einen Hut zu bringen, ist das triale Studium in Teilzeit- und Vollzeitphasen gegliedert. Von Montag bis Freitag steht die Berufsausbildung im Vordergrund: Drei Tage lang arbeitet der Studierende im Betrieb, zwei Tage lang wird die Schulbank im Berufskolleg gedrückt. Freitagabends und Samstag finden dann die Kurse des berufsbegleitenden Studiums statt, vielfach dann auch online in Form von E-Learning-Einheiten und Studienbriefen. Diese Unterrichtsform erfordert besonders viel Vor- und Nachbereitung der Studierenden, die diese Anforderungen mit ihrer Arbeit im Betrieb vereinbaren müssen. Viel Freizeit bleibt da am Ende der Woche nicht übrig, dessen müssen sich Interessenten bewusst sein.
Nach fünf Semestern Regelstudienzeit, also zweieinhalb Jahren, kann dann der erste Abschluss erlangt werden. Dafür muss eine Gesellenprüfung vor der Handwerkskammer abgelegt werden. Gelingt das, erhält der Studierende den Gesellenbrief und investiert die verbleibenden zwei Jahre, um den Meisterbrief sowie den Bachelor-Abschluss zu erlangen.
Üblicherweise beginnt dann im vierten Jahr die Meisterschule. In diesem Zeitraum nehmen die Studierenden auch an der Ausbildereignungsprüfung teil, die Absolventen dazu ermächtigt, später selbst Auszubildende und Lehrlinge auszubilden. Zum Abschluss des Studiums muss schließlich noch eine Bachelor-Arbeit geschrieben und abgegeben werden.
Fazit: Triales Studium ist ein beruflicher Kickstarter – aber nicht für alle
Der Sinn eines trialen Studium erschließt sich schnell: Absolventen steigen innerhalb kürzester Zeit mit gleich drei Abschlüssen ins Berufsleben ein und sind dort auf allen Ebenen des Handwerks einsetzbar – vom Alltagsgeschäft bis zur Führungsposition. Gleichzeitig haben sie durch den erfolgreichen Abschluss des sehr fordernden trialen Studiums Disziplin, Belastbarkeit und einen hohen Grad an Eigenorganisation bewiesen.
Deswegen ist das Studium aber auch nicht für alle Interessierten geeignet: Neben der persönlichen Eignung muss eine Finanzierung bereits im Vorfeld gesucht und gesichert werden, weil das Ausbildungsgehalt in der Regel zu niedrig ist. Auch müssen Interessierte dazu bereit sein, erhebliche Einschränkungen in ihrem Sozialleben in Kauf zu nehmen, um die Anforderungen des Studiums erfüllen zu können. Wenn all das allerdings gegeben ist, dann kann das triale Studium tatsächlich als wirkungsvoller Kickstarter ins Berufsleben dienen.
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