Anne* hat sich seit Tagen nicht in der Wohngemeinschaft sehen lassen. Anstatt eines Kaffeeplausches in der Küche verzog sie sich jetzt immer in ihr Zimmer – ohne ein Wort zu sagen. Janine* findet das Verhalten seltsam, bis sie eine Textnachricht ihrer Mitbewohnerin erhält: „Du hast mich angemacht, weil ich mein schmutziges Geschirr in der Spüle gelassen habe, und jetzt liegen da seit Tagen Deine Pfanne mit altem Essen und ungetrocknete Teller rum! Hauptsache, Du kommandierst mich rum und hältst Dich selber überhaupt nicht an Deine Regeln!“ Janine ist fassungslos und tippt wütend zurück: „In der Pfanne habe ich nur mein Essen aufbewahrt und über das saubere Geschirr im Abtropfteil habe ich mich doch nie beschwert! Das ist doch kein Vergleich mit Deinen siffigen Tellern, die da wochenlang auf der Arbeitsplatte lagen! Du verhältst dich total irrational, du willst doch nur deinen Frust bei mir abladen!“
Solche Auseinandersetzungen sind vielen vertraut, die einmal das Leben in einer Wohngemeinschaft kennengelernt haben. Neben Lärm und Geld ist dabei Ordnung und Sauberkeit der gemeinschaftlichen Räume der häufigste Streitpunkt. Während die eine kein Problem darin sieht, ihre Schuhe mitten im Flur liegenzulassen und Zigarettenstummel auf dem Balkonboden als rustikalen Flair empfindet, kann der andere nicht einmal eine dünne Staubschicht auf der Fensterbank ertragen. Wenn die Vorstellungen von einem angenehmen WG-Leben so weit auseinandergehen und die Nerven blank liegen, ist es höchste Zeit für ein klärendes Gespräch.
Konfliktgespräch – Klären und Kompromisse machen
Niemand ist gerne der Ordnungsfanatiker, der wegen ein paar Kekskrümeln seine Mitbewohner ermahnt. Wenn die Krümel allerdings mit stoischer Regelmäßigkeit die gemeinsame Couch bedecken, Handtücher immer wieder im Bad auf dem Boden landen und die Pfandflaschensammlung langsam ihr eigenes Zimmer braucht, reißt irgendwann jeder Geduldsfaden. Hier sollte man gezielt mit den Mitbewohnern das Gespräch suchen und Klärung schaffen. Dabei ist es wichtig darauf zu achten, dass diese Aussprache nicht von Schuldzuweisungen geprägt ist. Meist ist man sich ja gar nicht bewusst, wie sehr man einem Mitbewohner mit seinem Verhalten auf die Nerven fällt. Wird man dann aus dem Nichts ermahnt, geht man leicht auf Konfrontationskurs – und damit wird niemandem geholfen.
Anstelle von Anklagen sollte man bei einem WG-Klärungsgespräch den Fokus darauf legen, wie das Zusammenleben möglichst angenehm gestaltet werden kann – nicht darauf, was der Andere alles besser machen muss. Dafür ist es wichtig, der anderen Seite aufmerksam zuzuhören und sich dabei in die Rolle seines Gegenübers zu versetzen. Welche Bedürfnisse hat er oder sie, die von den eigenen abweichen? Überlege Dir, wo Du vielleicht zu hart geurteilt hast. Wenn Du selber keine Kompromisse und Zugeständnisse eingehst, kannst Du nicht von den anderen erwarten, dass diese das tun.
Putzplan: Pedantisch aber nützlich
Wenn sich alle Seiten bei einer ehrlichen Aussprache über die Sauberkeitsverhältnisse einigen können, dass sie nicht mehr streiten wollen und jeder seinen Beitrag dazu leisten will, ist das ein erstes tolles Ergebnis. Allerdings ist die Macht der Gewohnheit oft so groß, dass selbst die besten Vorsätze nach wenigen Wochen der Vergangenheit angehören. Deshalb ist es sinnvoll, sich beim WG-Klärungsgespräch auf einen Putzplan zu einigen. Wie dieser gestaltet wird, hängt ganz von der Anzahl der Mitbewohner, den Räumlichkeiten und den streitbaren Aufgaben zusammen. Ein tabellarischer WG-Putzplan, der nach Wochentagen und Räumen aufgeteilt ist, kann bei WG-Suche.de heruntergeladen und ausgedruckt werden. Eine andere Version ist die einer selbstgebastelten „Uhr“, bei der die „Zeitabschnitte“ die jeweiligen Räume oder Aufgaben (Flur saugen, Altglas raus) anzeigen und jeder WG-Bewohner einen beschrifteten Zeiger darstellt. So ist auf einen Blick klar, wer welchen Job bis zum Wochenende hat. Am Wochenanfang werden die Zeiger dann weitergestellt.
Selbst nach klärenden Gesprächen und sorgfältig angelegtem Putzplan besteht die Gefahr, dass die Wohnung nach einigen Wochen wieder zu ihrem verwilderten Urzustand zurückgefunden hat. Deshalb einigt Euch bei der ersten Erstellung des Putzplans darauf, dass Ihr nach einem oder zwei Monaten noch einmal gemeinsam resümiert, was gut geklappt hat und welche Arbeiten trotz allem liegengelassen wurden.
Gemeinsam Anpacken beim Frühjahrsputz!
Aufräumen und Putzen sind im Alltag oft lästig und unbequem. Aber als gemeinsames Projekt, bei dem die ganze WG zusammenarbeitet, kann es richtig Spaß machen. Im Idealfall geschieht das an einem sonnigen Frühlingstag, an dem die Fenster weit aufgerissen werden können, aber ein Sommerputz oder Vorweihnachtsputz ist ebenso sinnvoll. Verständigt Euch, welche Haushaltsarbeiten am meisten vernachlässigt wurden und macht eine Checkliste. Fangt beim Gröbsten an, mistet Eure Zimmer, den Keller und Abstellraum aus und macht Euch dann an die Feinheiten. Auch kleinere Reparaturen könnt ihr bei dieser Gelegenheit erledigen.
Vergesst dabei nicht, dass das Ziel ist, dass Ihr euch wohler in der WG fühlen wollt und es Spaß machen soll. Dreht die Musik auf und belohnt euch zwischendurch mit ein paar Snacks oder einem Schluck Wein.
Anne* und Janine* haben sich übrigens nach ihrem Textnachricht-Streit einmal von Auge zu Auge ausgesprochen und haben sich jetzt wieder lieb.
*Namen redaktionell geändert
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