Klimawandel, Nahrungsknappheit durch Monokulturen und Pestizide sowie der Verlust von Lebensräumen – all diese Faktoren machen Bienen das Leben schwer. Insbesondere in urbanen Räumen gibt es immer mehr Initiativen und Projekte, die sich für den Bienenschutz einsetzen und neue Lebensräume für Bienen schaffen.
Auf dem Wiener Zentralfriedhof wird bereits seit 2013 Honig produziert. Auch in anderen Großstädten sind Stadtbienen keine Seltenheit mehr. Doch wie bienenfreundlich sind unsere Städte und wie steht es eigentlich um die Qualität von Stadthonig?
Antworten auf diese Fragen liefert Johann A. Friedrich. Er ist seit 2014 als Imker in München tätig und betreut aktuell 18 Bienenvölker. Wir haben ihn und zwei seiner Bienenvölker in Laim in einer Wohnanlage der LV 1871 besucht.
Herr Friedrich, welche Voraussetzungen müssen erfüllt sein, damit sich Bienen in der Stadt wohlfühlen und im besten Fall Honig produzieren können?
Johann A. Friedrich: Damit sich Bienen wohlfühlen können, brauchen sie einen ruhigen, idealerweise schattigen Ort zum Leben und vor allem genügend Nahrung. In den Städten bietet es sich an, dass in Parkanlagen und Innenhöfen Bienenweiden angelegt werden. Wichtig ist hierbei, dass die Wiesen nur zweimal im Jahr nach der Blüte gemäht werden. Außerdem sollten blühende Stauden, Sträucher und Bäume angepflanzt werden.
Ebenfalls sinnvoll sind Dachbegrünungsmaßnahmen. Auch in München gibt es Firmen, die die Dächer ihrer Gebäude als Lebensraum für Stadtbienen zur Verfügung stellen, anstatt Solarmodule anzubringen.
Wie viel Honig produziert ein Bienenvolk, wenn die Bedingungen stimmen?
Johann A. Friedrich: Die Menge des Honigs wird von vielen Faktoren beeinflusst, deswegen ist sie schwer vorherzusagen. Wenn ich schätzen müsste, würde ich aber sagen, dass die beiden Bienenvölker hier in Laim dieses Jahr circa 70 Kilo Honig produzieren werden.
Neben der Produktion von Honig leisten Bienen einen weiteren Beitrag zum Leben in der Stadt. Als wichtigste Bestäuber von Blütenpflanzen sind Bienen wichtige Nutztiere. Außerdem dienen tote Bienen zum Beispiel als Dünger.
Wo findet man in München überall Stadtbienen? Wie viele Bienenvölker leben hier?
Johann A. Friedrich: Bienen kann man fast im kompletten Stadtgebiet von München finden. Man findet sie in Kleingartenvereinen, in Innenhöfen von Wohnsiedlungen, auf Dächern von Firmen, öffentlichen Gebäuden, Hotels, Hausgärten und Friedhöfen. Insgesamt leben ca. 1.000 Bienenvölker in der Stadt München.
Allgemein lässt sich München als bienenfreundliche Stadt beschreiben. Manchmal sind die Menschen zuerst skeptisch, wenn in ihrer Nähe zum Beispiel ein Insektenhotel eingerichtet wird. Aber wenn sie sich nach einer Weile an das Zusammenleben mit den Bienen gewöhnt haben, sind die Rückmeldungen sehr positiv.
Wie sind Sie eigentlich zur Stadtimkerei gekommen und welche Aufgaben hat man als Imker?
Johann A. Friedrich: Ich bin auf dem Land aufgewachsen und hatte schon als Kind mit Bienen zu tun, da es in meiner Familie einige Imker und Förster gab. Meine ersten eigenen Bienenvölker habe ich 2014 gekauft. Seit ich in Rente bin, habe ich mehr Zeit für mein Hobby.
Mein Wissen über Bienen habe ich mir in verschiedenen Kursen über Bienenzucht und an der Imkerschule in Landsberg angeeignet. Seit ein paar Jahren bin Jahren bin ich außerdem Mitglied im Verein München summt. Über ein Rundschreiben im Verein lief auch die Vermittlung der Bienen hier in Laim.
Als Imker hat man sehr vielseitige Aufgaben wie die Zucht neuer Völker, Pflege der Bienen, das Bauen der Bienenstöcke und die Verarbeitung des Honigs. Darüber hinaus sind wir regelmäßig in Kontakt mit dem landwirtschaftlichen Ministerium und dem Veterinäramt.
Stadthonig wird gerne nachgesagt, dass er aufgrund von Abgasen weniger gesund sei als Honig vom Land. Ist das wirklich der Fall?
Johann A. Friedrich: Laut Stadthoniganalysen ist der Honig aus München nicht belastet, da die Bienenstöcke nicht in unmittelbarere Nähe von vielbefahrenen Straßen angelegt werden. Abgesehen von der Landshuter Allee ist München allgemein nicht sehr stark von Rußpartikeln belastet.
Was sich ebenfalls positiv auf den Stadthonig auswirkt, ist das vielfältige Angebot an Pflanzen und somit auch Nahrung und die Tatsache, dass in privaten Gärten weniger Pestizide verwendet werden.
Wie können sich Privatpersonen aktiv am Bienenschutz beteiligen?
Johann A. Friedrich: Bienen fliegen in einem Umkreis von ca. 5 Kilometern. Auch wer keinen Bienenstock in der unmittelbaren Umgebung hat, kann also etwas beitragen.
Privatpersonen können Blumen, Stauden und Sträucher anpflanzen, Wildwiesen anlegen und auch Hotels für Wildbienen aufstellen. Die Gartenzentren und Baumärkte haben ein vielfältiges Angebot an insektenfreundlichen Pflanzen, die Bienen, Schmetterlinge, Hummeln und andere Insekten fast ganzjährig mit Pollen und Nektar versorgen. Ein paar beliebte Beispiele für den heimischen Garten oder Balkon sind Pfefferminze, Zitronenmelisse, Schnittlauch, Christrosen, Margariten und Lavendel. Im Sommer hilft es auch, den Bienen Wasser zur Verfügung zu stellen, damit sie sich abkühlen können.
Wer mehr über Bienen, insektenfreundliche Pflanzen oder sogar bienenfreundlichen Grabschmuck erfahren will, findet im Internet viele nützliche Informationen, zum Beispiel auf dem „YouTube-Kanal der Imkerei Sester.
Vielen Dank für das Interview.
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