Die Geburt ihres Babys ist für Eltern der wohl schönste Augenblick ihres Lebens.
Ist das kleine Wunder dann noch augenscheinlich gesund und hat alle zehn Finger und Zehen, ist die Erleichterung groß. Damit das auch so bleibt, möchte man das Kind am liebsten für den Rest seines Lebens behüten und beschützen.
Doch es gibt Krankheiten, vor denen kann man sie nicht beschützen, denn der einzige Risikofaktor sind die eigenen Gene. Und nur die bestimmen, ob ein Kind Träger einer Erbkrankheit ist oder nicht. Huntington ist eine davon.
Patienten, die an dieser Krankheit leiden, zeichnen sich oft durch einen torkelnden Gang mit unwillkürlichen Muskelzuckungen aus, die an einen grotesken Tanz erinnern. Daher wird diese Erkrankung oftmals auch als Chorea Huntington bezeichnet.
Doch die Symptome hinter dieser Erkrankung sind weitaus vielschichtiger und erschreckender, weswegen dieser Begriff heute immer seltener verwendet wird.
Was genau verbirgt sich hinter der Huntington Krankheit?
Huntington ist eine seltene, vererbbare Erkrankung des Gehirns. Diese tritt meist zwischen dem 35. und 45. Lebensjahr auf und betrifft Männer und Frauen gleichermaßen. Fünf bis zehn Prozent aller Patienten sind allerdings auch Kinder und Jugendliche.
Ein Teil des inneren Gehirns stirbt nach und nach ab, was zu einer Reihe an unterschiedlichem Symptomen führt. Die Ursache ist eine Genmutation, bei der das Gen am 4. Chromosom verändert ist. Als Risikofaktor zählt einzig und allein eine erbliche Vorbelastung. Ist ein Elternteil Träger dieser Mutation, so besteht eine 50 prozentige Wahrscheinlichkeit, dass die Kinder daran erkranken.
Entdeckt wurde die Krankheit erstmals im Jahr 1872 durch den amerikanischen Arzt George Huntington aus Long Island, der erkannte, dass es sich hierbei um eine erbliche Erkrankung handelt, die autosomal dominant vererbt wird
Wie zeigt sich die Huntington Krankheit?
Die Symptome von Huntington sind hochindividuell und leider auch schwer vorhersehbar.
Die Krankheit lässt sich in drei Entwicklungs-Stadien aufteilen, bei denen jeweils andere Symptome in den Fokus rücken. Das Leiden, sowohl für die Patienten, als auch für die Angehörigen, nimmt im Laufe der Zeit immer weiter zu.
Im Frühstadium der Krankheit sind es vor allem neurologische Symptome, wie die bereits erwähnten unwillkürlichen Bewegungen, aber auch Gesichtsgrimassen und abrupte Kopfdrehungen. Hinzu kommen psychische Symptome, wobei der Patient unkontrolliert zornig reagiert und zunehmend verschlossen wirkt.
Ist die Krankheit bereits vorangeschritten, kommt es beim zunehmenden Abbau der Gehirnzellen zu einer ständigen Bewegung, einem Zappeln und einem krampfartigen Bewegungsmuster am ganzen Körper. Freunde und Familien erkennen den Menschen dann kaum wieder und es treten starke Persönlichkeitsstörungen auf. Mit einher geht auch der Schwund der intellektuellen Fähigkeiten, der sich in Form von Konzentrationsstörungen und Interessenslosigkeit äußert.
Im Spätstadium kommt es dann immer wieder zu Stürzen, sowie starken Sprech- und Schluckstörungen, die ein Risiko für Ersticken darstellen können. Schmerz und Kälte werden durch den Erkrankten weniger wahrgenommen.
Wenn der Patient Wahnvorstellungen hat und starke Depressionen und Ängste entwickelt, kann man diesen kaum mehr unbeobachtet lassen, da auch immer wieder Suizidgedanken hochkommen.
Klare Gedanken zu fassen fällt zunehmend schwerer und manch einer entwickelt am Ende auch eine Art Demenz, die einen ähnlichen Verlauf wie Alzheimer nimmt.
Wie wird die Krankheit diagnostiziert?
Die Huntington Krankheit im Frühstadium zu diagnostizieren ist nicht einfach, denn die Symptome sind meist nur schwach ausgeprägt und könnten unter Umständen auch auf andere Erkrankungen zurückzuschließen sein.
Die Diagnostik stützt sich daher auf drei Säulen:
Nach einer ausführlichen Anamnese zur Klärung der Symptomatik und Familiengeschichte folgt meist eine neurologische Untersuchung, gefolgt von einer genetischen Untersuchung mit dem Nachweis des veränderten Huntington Gens.
Die Familienanamnese spielt in der Diagnostik eine tragende Rolle, ein Verwandter ersten oder zweitens Grades ist oder war daran erkrankt. Problematisch ist es allerdings, wenn Eltern noch vor Ausbruch der Krankheit gestorben sind. Die nachgelagerten neurologischen und genetischen Tests geben dann die Sicherheit.
Zwar könnte die Anlage für Huntington schon vor der Geburt festgestellt werden, doch diese Untersuchung ist in Deutschland verboten. Getestet werden darf nur auf Krankheiten, die bereits im frühen Kindesalter ausbrechen.
Ist Huntington therapierbar?
Bei Huntington leiden nicht nur die Patienten erheblich – auch Angehörige erleben eine enorme Belastung. Durch die zahlreichen Symptome ist eine Person kaum mehr erkennbar und wird auch nie wieder so werden, wie sie früher war.
Doch noch viel schlimmer ist die Prognose: Die Erkrankten sterben im Durchschnitt 19 Jahre nach Ausbruch der Krankheit. Gerade Kinder und Jugendliche, die an der juvenilen Ausprägung leiden, hätten dann eigentlich noch ihr ganzes Leben vor sich.
Denn obwohl die Ursache der Krankheit bekannt ist, gibt es keine ursächliche Therapie, um den Patienten und den Angehörigen zu helfen. Es können lediglich einzelne Symptome behandelt werden. Dadurch ist jede Therapie individuell auf die Bedürfnisse und Symptomatik eines Einzelnen zugeschnitten. Mittlerweile gibt es in Deutschland einige Huntington-Zentren die sich auf Diagnostik und Behandlung dieser Krankheit spezialisiert haben.
Die unwillkürlichen und raschen Muskelbewegungen werden beispielsweise mit Dopamin-Entspeicherern oder mit atypischen Psychopharmaka behandelt. Die psychischen Symptome, wie z.B. die vermehrte Reizbarkeit oder Psychosen können mit Neuroleptika kontrolliert werden.
Zudem nehmen die Patienten regelmäßig an Ergotherapie, Logopädie und Physiotherapie-Stunden teil, um das Voranschreiten der Symptome zu verlangsamen.
Leben mit Chorea Huntington
Da man der Krankheit nicht entkommen kann, sie nicht heilbar ist und irgendwann tödlich endet, fällt es den Patienten besonders schwer, sich ihre Lebensfreude zu erhalten.
Besonders schlimm ist es für Kinder und Teenager, deren eigene Eltern erkrankt sind und die dabei zusehen müssen, wie Mutter oder Vater zunehmend Opfer ihrer Krankheit werden. Und die wissen, dass ihnen das irgendwann auch noch blühen kann.
Sofern sie noch symptomfrei sind, können sich Jugendliche erst ab einem Alter von 18 Jahren testen lassen. Die Entscheidung dies zu tun, ist keine einfache: Möchte man lieber unbeschwert leben, solange es noch möglich ist? Oder möchte man so früh wie möglich Gewissheit haben, um die verbleibenden gesunden Jahre noch mit so viel Leben wie möglich zu füllen? Und dann besteht ja auch immer noch die 50 prozentige Chance, dass die Krankheit einen ziehen lässt…
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