Gleichberechtigung ist überall Thema. Während die einen meinen, das weibliche Geschlecht sei längst gleichberechtigt, sehen andere noch in diversen Bereichen deutlichen Nachholbedarf. Gleichberechtigung bezieht sich jedoch nicht nur auf den Alltag, die Berufswahl, das Gehalt und Vermögen, sondern spielt auch in anderen Themenbereichen eine Rolle. Mitunter auch dort, wo man gar nicht daran denken würde.
Hast du beispielsweise schon mal darüber nachgedacht, wie die Gleichberechtigung in der wissenschaftlichen Datenwelt aussieht? Wir haben uns mit diesem Thema, dem Gender Data Gap, mal genauer beschäftigt und Erstaunliches herausgefunden: Die Datenwelt ist eher männlich. Frauen werden sogar in wissenschaftlichen Erhebungen oftmals schlichtweg unter den Tisch fallen gelassen. Die Lage ist ernüchternd: Der Gender Data Gap existiert und seine Folgen sind beachtlich.
Datenwelt, eine maskuline Welt?
Frauen werden immer wieder vergessen? Das sollte eigentlich längst der Vergangenheit angehören und hört sich heutzutage schier unglaublich an. Es stimmt aber leider: Sogar in wissenschaftlichen Erhebungen fallen Daten von Frauen immer wieder einfach unter den Tisch. Das mag noch nicht mal mit Absicht geschehen, es ist aber Fakt. Dabei entsteht dann der sogenannte Gender Data Gap.
Was versteht man konkret unter Gender Data Gap?
Gender Gap, damit bezeichnet man eine Ungleichbehandlung von Damen den Herren gegenüber – konkret gesagt, eine Diskriminierung aufgrund des Geschlechts.
Unter Gender Data Gap versteht man eine geschlechtsspezifische Daten-Lücke, die entsteht, wenn bei verschiedenen Erhebungen oder Statistiken Frauen einfach unterrepräsentiert sind.
Wo liegt das Problem beim Gender Data Gap?
Ist ärgerlich, kann aber mal passieren – oder? Nicht ganz. Wer denkt, dass Statistiken mit nur wenigen Daten von und über Frauen gar nicht so schlimm sind, der täuscht sich. Solche Statistiken haben gravierende Folgen. Zum Beispiel die, dass Männer zur Norm und zum Standard werden, Frauen hingegen überhaupt nicht berücksichtigt werden. In jeglicher Hinsicht. Man denke da nur an das Thema Medizin.
Gender Data Gap und die Folgen für die Medizin
Werfen wir mal einen Blick zurück: Erst im Jahre 1899 wurden zum ersten Mal Frauen zum Medizinstudium zugelassen. Bis dahin war Humanmedizin ein rein männliches Metier. Wie sieht es heute aus? Noch immer dominieren Männer beim Medizinstudium die Hörsäle, es gibt vorwiegend männliche Dozenten bei den Vorlesungen. Mit dem Ergebnis, dass es viel mehr praktizierende Ärzte als Ärztinnen gibt.
Und jetzt kommt der Gender Data Gap ins Spiel: Es gibt seit Jahrhunderten in der Medizin einen normierten Patienten, an dem sich die Humanmedizin orientiert. Dieser ist – Überraschung! – männlich, ca. 80 Kilogramm schwer, 1,75 m groß und von weißer Hautfarbe.
Was fällt dabei auf? Richtig, gleich mehrere Dinge: Frauen haben ein anderes Gewicht, eine andere Körpergröße und davon abgesehen muss der durchschnittliche Patient auch nicht zwingend von weißer Hautfarbe sein.
Männer und Frauen: Es gibt gerade in der Medizin gravierende Unterschiede
Die Medizin ist sich zwar darüber im Klaren, dass Frauen auf Verletzungen und Krankheiten anders reagieren als Männer, zum Tragen kommt das aber nicht wirklich. Denn immer noch werden weder die Forschung noch die Behandlung an beide Geschlechter angeglichen. Immer noch werden männliche Testpersonen bevorzugt, was natürlich Folgen hat. Wenn weibliche Patientinnen Medikamente bekommen, die bei Männern helfen sollen, kann das zur Folge haben, dass sie nicht so gut darauf ansprechen oder stärkere Nebenwirkungen haben.
Wenn als Standard ein männlicher Patient hergenommen wird, kommt es infolgedessen bei Damen häufiger zu Fehldiagnosen, die im schlimmsten Fall sogar lebensbedrohlich sein können.
Die immer noch andauernde Ungleichbehandlung von Frauen in der Medizin ist also weitaus mehr als nur ein kleiner Fauxpas.
Gender Data Gap: Beispiel Herzinfarkt
Vielleicht hast du ja schon mal gehört, dass sich ein Herzinfarkt bei Frauen anders äußert als bei Männern. Ärzte sollten das eigentlich auch wissen. Dennoch werden in medizinischer Fachliteratur noch immer die frauentypischen Anzeichen für Herzinfarkte schlichtweg als atypisch bezeichnet, was zur Folge hat, dass Ärzte sie mitunter gar nicht mit einem Herzinfarkt in Verbindung bringen.
Gender Data Gap mit gravierenden Folgen – Beispiel Straßenverkehr
Sogar beim Crashtest mit Dummys orientiert man sich nach wie vor männlich. Die Körpermaße von Frauen, die anders ausfallen als bei Männern, kommen überhaupt nicht zum Tragen und werden bei diversen Versuchen auch nicht berücksichtigt. Stattdessen verwendet man Dummys mit durchschnittlich 1,75 Körpergröße und 75 Kilogramm. Die Sicherheitssysteme und Airbags in unseren Autos sind also allesamt perfekt auf den männlichen Körper abgestimmt, nicht aber auf den weiblichen. Interessieren tut das bisweilen allerdings leider nur wenige.
Auch das bleibt nicht ohne Folgen: Frauen verunglücken öfter im Straßenverkehr und erleiden zudem öfter Verletzungen. Sie werden bei Unfällen schneller nach vorne geschleudert, weil der Sitz auf einen leichteren Körper anders reagiert.
Immerhin wurde einigen Firmen dieser Fehler bewusst und man begann damit, weibliche Dummys zu produzieren. In Schweden wurde 2022 der erste weibliche Crashtest Dummy erfunden. “Eva” ist 1,62 groß, wiegt 62 Kilo und hat einen typisch weiblichen Muskelaufbau. Das ist ein erster Schritt in die richtige Richtung.
Aber sowohl in den USA als auch in der EU gibt es bis heute keine gesetzliche Vorschrift, auch Tests mit Puppen, die den Körperbau von Schwangeren haben, durchzuführen.
Wie sieht es aus in anderen Bereichen mit dem Gender Data Gap?
Man könnte meinen, dass gerade die Autobranche und offensichtlich auch die Medizin hier eine Ausnahme darstellen, weil sie immer noch eine Männerdomäne sind. Wie sieht es also aus, wenn wir einen Blick in andere Bereiche werfen? Was ist mit Statistiken, Datensammlungen aus anderen Bereichen? Fehlanzeige. Auch hier sieht es nicht wirklich viel besser aus. Datensammlungen sind nicht geschlechtsneutral, wie man annehmen sollte, sondern ebenfalls meistens eher männlich orientiert.
Und auch das bringt wieder eine Menge an Folgeerscheinungen mit sich. Wenn Datenerhebungen vorwiegend mit den Daten von Männern erstellt werden, dann ergibt sich in der Folge kein reales, sondern eher ein verzerrtes Bild in Bezug auf das Geschlecht, wie wir bereits im oben genannten Beispiel aus der Medizin gesehen haben. Das wiederum zieht unweigerlich Ungerechtigkeiten nach sich.
Mann und Frau – geschlechtsspezifische Unterschiede
Um dem Gender Data Gap entgegenzuwirken, ist es essentiell, die geschlechtsspezifischen Unterschiede von Männern und Frauen zu erkennen und zu berücksichtigen. Zum einen sind da natürlich vor allem die körperlichen Unterschiede in Bezug auf Größe, Gewicht, Verteilung der Körpermasse. Es gibt aber noch weitere Unterschiede – in Verhaltensweisen zum Beispiel.
Ein kleines Beispiel: Frauen und Männer bewegen sich im öffentlichen Raum anders. Während Männer mehr mit dem Auto unterwegs sind, gehen Frauen häufiger zu Fuß oder verwenden öffentliche Verkehrsmittel. Außerdem fahren sie kompliziertere Strecken, da sie – nach wie vor – meistens die Kinder zur Schule bringen und nach der Arbeit noch einkaufen gehen. Genau solche Details müssen in Datenerhebungen einfließen.
Gender Data Gap in der KI
Die von der Big Data gesammelten Daten werden dazu genutzt, um die KI weiter auszubauen. Diese KI ist aber dann ebenfalls auf die Männerwelt zugeschnitten. Und genau das ist leider eine sehr einseitige Sicht auf die Dinge und alles andere als neutral oder objektiv. Auch für das Berufsleben kann das Konsequenzen haben: Algorithmen lernen dabei falsch, beispielsweise, dass ein Hochschulabschluss einer Frau weniger wahrscheinlich zu einer Einstellung führt als die eines Mannes. Kein Wunder, wenn kaum Daten von Frauen vorhanden sind. Bewerbungsprozesse werden mithilfe von Algorithmen geführt, diese wiederum basieren auf statistischen Schlussfolgerungen, bei denen Frauen nicht berücksichtigt wurden.
Gender Data Gap in anderen Lebensbereichen
Hast du dich schon mal gefragt, warum bei den Frauen vor der Toilette fast immer eine Schlange ist, bei Männern nie? Auch das hat Gründe. Zum Beispiel werden die Räume in den Toiletten für Männer schlichtweg effizienter gestaltet, Frauen hingegen sind immer mal wieder mit Kindern oder hilfsbedürftigen Menschen auf der Toilette und brauchen demzufolge mehr Zeit. Auch hierzu fehlt es aber leider an Daten oder am Willen, etwas zu verändern und so bleibt nur eins: sich zu wundern und sich damit abzufinden. Oder?
Gender Data Gap im Alltag: Das Smartphone
Sogar Smartphones fallen dem Gender Data Gap zum Opfer. Nach dem Motto: „Was Männern passt, passt jedem“ werden Produkte, die vermeintlich geschlechtsneutral sind, ausschließlich für Männer konzipiert. Am Beispiel des Smartphones zeigt sich: Die Klaviaturen sind für Menschen mit großen Händen deutlich einfacher zu bedienen als für Menschen mit kleineren Händen. In der Regel sind letzteres die Damen.
Viele Produkte werden also an der männlichen Norm entwickelt und sind für Frauen unpraktisch.
Gender Data Gap am Beispiel einer Spracherkennungssoftware
Weil auch hier vorwiegend Daten von Männern verwendet werden – Spracherkennungssoftware werden nämlich mit Stimmaufnahmen aus großen Datenbanken geschult, mit deutlich mehr Männerstimmen – verstehen diese weibliche Stimmen am Ende schlechter. Wen wundert’s?
Gender Data Gap, traurige Realität und Fazit: Frauen sind in der Datenwelt unsichtbar
Wenn man sich mal damit befasst, wird schnell klar: Der Gender Data Gap ist noch viel größer als angenommen. In vielen Daten und Statistiken sind Frauen schlichtweg unsichtbar. Auch das stellt eine subtile Form von Diskriminierung dar, auf die man immer wieder hinweisen muss, will man die Gleichberechtigung wirklich in allen Bereichen erreichen. Im Grunde genommen ist es sogar erschreckend, wie wenig weit man auf diesem Gebiet bis heute gekommen ist. Eine Erhebung geschlechtsspezifischer Daten ist für die Gleichstellung von Mann und Frau unerlässlich.
Gender Data Gap durchzieht viele Bereiche. Nicht nur die Gesundheit, sondern auch die Stadtplanung, die Ökonomie, die Kultur und die Wissenschaft.
Die Realität ist: Wir leben in einer Welt, in der Männer über Jahrtausende hinweg die absolute Selbstverständlichkeit und das Maß aller Dinge waren. Frauen hingegen wurden, egal wo, nur am Rande berücksichtigt. Allerhöchste Zeit, dies zu ändern.
Ist das Thema Gender Data Gap eigentlich bekannt?
Bekannt ist der Gender Data Gap tatsächlich schon seit den 90er Jahren. Und zwar nicht nur national, sondern auch international. Man kam längst zu dem Ergebnis, dass es keine geschlechtsneutrale Wirklichkeit gibt und man daher strukturelle Ursachen von geschlechtsspezifischer Diskriminierung beseitigen muss.
Gender Gap beim Thema Altersvorsorge
Auch dieses Problem ist nicht unbekannt: Frauen sind eher von Altersarmut bedroht als Männer. Die Gründe dafür sind vielfältig, ein Problem ist aber, dass viele Frauen diese Rentenlücke erst gar nicht erkennen.
Um genau dem vorzubeugen, ist es unbedingt zu empfehlen, rechtzeitig eine private Altersvorsorge abzuschließen – und natürlich gilt das für Frauen und Männer gleichermaßen. Die Rente von morgen ist alles andere als sicher und wer seinen Lebensunterhalt möglichst beibehalten will, tut gut daran, heute schon zu sparen.
Gerne zeigen wir von der LV 1871 Möglichkeiten zur privaten Vorsorge auf, die genau auf dich und deine Bedürfnisse zugeschnitten sind.
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