Das lässt sich nicht schönreden, die Wissenschaft ist sich hier längst einig: Alkohol ist Gift für unseren Körper. Und dennoch ist er ein fester Bestandteil unserer Gesellschaft und begleitet zahlreiche alltägliche Rituale – vom Gottesdienst über die Geburtstagsfeier bis zum berühmten „Feierabendbier“. Zu all diesen Anlässen trinken Menschen Alkohol und schaden sich damit selbst – aber auch der Gesellschaft insgesamt. Denn die Folgen des Alkoholkonsums enden nicht bei der Gesundheit des Einzelnen.
2017 veröffentlichte das Deutsche Krebsforschungszentrum zum ersten Mal den „Alkoholatlas“, in dem die wichtigsten Daten rund um den Alkoholkonsum in Deutschland repräsentativ erfasst wurden. Die Ergebnisse sind besorgniserregend: In Deutschland wurde mehr als in anderen EU-Ländern getrunken, 18 Prozent der Männer und 14 Prozent der Frauen nehmen regelmäßig sogar gefährlich hohe Mengen Alkohol zu sich. Neuere Studien belegen dabei einen leichten Aufwärtstrend, immer mehr Menschen greifen immer häufiger zur Flasche. Zwar ist diese Gruppe noch immer nur eine Minderheit in Deutschland und doch hat ihr Konsumverhalten Folgen für die gesamte Gesellschaft. Das hat mehrere Ursachen.
Alkoholkonsum hat oftmals ein teures Nachspiel
Wer betrunken ist, handelt mit einer geringeren Hemmschwelle. Wer im Rausch ist, begeht eher Verbrechen, als nüchtern. Dieses Fazit lässt sich ziehen, wenn man die Daten und Erhebungen der letzten Jahre durchsieht, die die Kriminalitätsrate in Deutschland in Zusammenhang mit Alkoholkonsum stellen. So standen 2015 laut Statistischem Bundesamt rund 240.000 Tatverdächtige unter Alkoholkonsum, als sie eine Straftat begangen. Diese Straftaten drehen sich vor allem um spontane Vergehen, wie Widerstand gegen die Staatsgewalt, Sachbeschädigung oder Körperverletzung. Die Kosten, die aus diesen Verbrechen heraus entstehen, werden als eine direkte Folge des Alkoholkonsums gewertet. Es sind Schäden, die unter dieser Linse vermeidbar wären – und die noch weiter als das Straftatenregister gehen.
Denn Alkohol macht auf Dauer krank und die Behandlungskosten für Therapien werden in den meisten Fällen von den Krankenkassen getragen. Arbeitskräfte, die ihr Leben lang übermäßig viel Alkohol konsumiert haben, scheiden früher aus dem Arbeitsleben aus. Ihre Mortalität oder Sterblichkeit ist höher, sie haben mehr Kranktage und schmälern die Produktivität eines Betriebs. Es sind Kosten, die sich jährlich im hohen ein- bis niedrigen zweistelligen Milliardenbereich ansiedeln und eine große finanzielle Belastung für den Staatshaushalt darstellen. Allein die Verluste in der Produktivität der Volkswirtschaft wurden im Jahr 2017 auf rund 30 Milliarden Euro geschätzt – eine erhebliche Summe, die Alkohol neben seiner schädlichen Wirkung für den Einzelnen auch aus wirtschaftlicher Sicht zu einem Risikofaktor macht.
Der Staat profitiert vom Alkoholkonsum – über Umwege
Die Volkswirtschaft hat sich längst mit dem Alkoholkonsum der Deutschen arrangiert und profitiert vom Griff zur Flasche – zumindest über Umwege. Zum einen ist hier die Alkoholsteuer zu nennen, die gemeinsam mit der Schaumweinsteuer, Biersteuer, Zwischenerzeugnissteuer und Alkopopsteuer fast alle Bereiche des Getränkeregals abdeckt: Allein 2016 belief sich diese Einnahmenquelle für den Staat laut „Jahrbuch Sucht“ auf 3,165 Milliarden Euro. Zum anderen fließen Umsätze aus der Werbung für Alkohol im Internet, Fernsehen und Printmedien wieder zurück in die Staatskasse – 2016 waren das immerhin 557 Millionen Euro.
Nur ein kleiner Bruchteil dieses Einkommens wandert dabei in die Suchtprävention und Therapiezentren für Alkoholkranke – viel zu wenig, wie Experten seit Jahren fordern. So berichtet beispielsweise der Deutschlandfunk 2019 ausführlich darüber, dass vielen Kommunen Geld für die Alkoholprävention fehlt. Und das trotz der erheblichen Einnahmen des Staates aus dem Verkauf und Handel mit alkoholischen Getränken und Spirituosen.
So sehr allerdings die Wirtschaft über Steuer und Werbung auch vom Alkoholverkauf profitiert, so deutlich übersteigen die Kosten, die übermäßiger Alkoholkonsum für eine Gesellschaft verursacht, ihren wirtschaftlichen Nutzen. Mit anderen Worten: Alkoholkonsum „rechnet“ sich für eine Gesellschaft nicht, im Gegenteil.
Mehr in Prävention investieren statt Steuern erhöhen
Ein einfacher Ausweg scheint die Erhöhung der Alkoholsteuern zu sein – aus finanzieller und auch aus gesundheitspolitischer Perspektive. So könnte man immerhin die Löcher im Haushalt, die durch den Alkoholkonsum gerissen wurden, stopfen und gleichzeitig den Kauf von Alkoholika unattraktiver machen.
Doch die Gegner dieser Überlegung warnen vor einer solchen Maßnahme. Sie weisen darauf hin, dass eine zu hohe Besteuerung zu einer Zunahme von illegalen Schwarzbrennereien und Alkoholschmuggel führen könnte. Alkohol, der auf diesem Weg ohne staatliche Kontrolle in die Hände der Konsumenten gelangen würde, könnte durch eine minderwertige oder falsche Herstellung noch weitaus mehr Gesundheitsschäden anrichten. Aber auch finanziell könnte sich insgesamt sogar ein Einnahmeausfall aus der Alkoholsteuer ergeben, wenn mehr Betriebe den illegalen Weg über den Schwarzmarkt gehen würden, um sich den hohen Abgaben zu entziehen.
Stattdessen fordern Ärzteverbände und Therapeuten, mehr Geld in die Prävention und Aufklärungsprogramme zu investieren, die über die Gefahren des Alkohols aufklären. Nur so können Menschen davor geschützt werden, in die Spirale der Sucht zu geraten – und damit nicht nur sich selbst, sondern auch der gesamten Gesellschaft empfindliche Schäden zuzufügen.
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