Knapp 40 Prozent aller Haushalte von Alleinerziehenden – unabhängig davon, ob sie in einem Arbeitsverhältnis sind – sind derzeit auf staatliche Grundsicherungsleistungen (Hartz IV) angewiesen. In den Armutsberichten des Paritätischen Wohlfahrtsverbandes gelten sie als Gruppe mit sich weiter erhöhendem Armutsrisiko. Wir geben einen Einblick auf zusätzliche Absicherungen und Fördermöglichkeiten.

Wer ist eigentlich alleinerziehend?

Hierüber entscheiden im Normalfall ein qualitatives und ein quantitatives Kriterium. Ersteres bezieht sich auf den Lebensmittelpunkt des Kindes und darauf, wer über die alltäglichen Belange des Kindes entscheidet. Das Zweite besagt, dass derjenige alleinerziehend ist, bei dem sich das Kind zu mehr als 70 Prozent seiner Zeit aufhält.

Diese beiden Aspekte werden unabhängig vom Sorgerecht behandelt. Das heißt, auch bei geteiltem Sorgerecht kann es einen geben, der den Lebensmittelpunkt allein darstellt und im Wesentlichen über den Alltag entscheidet.

Krankenkassen sichern und unterstützen im Krankheitsfall

Es gibt immer noch Menschen ohne Krankenversicherung! In der gesetzlichen Krankenversicherung des Alleinerziehenden sind Kinder automatisch beitragsfrei mitversichert. Bei Privatversicherten sind die Beiträge für Kinder je nach Leistungen gestaffelt.

Wenn der alleinerziehende Elternteil schwer erkrankt und sich zeitweise nicht um die Erziehung kümmern kann, besteht die Möglichkeit, von der Krankenkasse eine Haushaltshilfe bezahlen zu lassen.

Wird das Kind krank, braucht es eine besondere Betreuung. Für Kinder unter zwölf Jahren stehen Alleinerziehenden pro Jahr 20 Tage Freistellung zu. Dabei spielt es keine Rolle, ob das Kind normalerweise auch an der Arbeitsstelle betreut wird.

alleinerziehende gestresste Mutter mit Baby

Besonders Alleinerziehende sollten Berufsunfähigkeit absichern

Alleinerziehende müssen nicht selten den Haushalt auch allein finanzieren. Auch wenn Kinder ein Recht auf Unterhalt haben, bekommt etwa die Hälfte der zumeist alleinerziehenden Frauen die ihnen nach der Düsseldorfer Tabelle zugesprochenen Unterhaltszahlungen nicht.

Eine Berufsunfähigkeitsversicherung sichert das Einkommen ab, wenn der/die Erwerbstätige aus physischen oder psychischen Gründen nicht mehr arbeiten kann. Sie wird oft zusammen mit einer Risikolebensversicherung angeboten. Die kann besonders für Alleinerziehende sinnvoll sein. Bei so einem Kombi-Produkt sollte man allerdings unbedingt nachrechnen und vergleichen, denn die Leistungen einer Risikolebensversicherung für Alleinerziehende bemessen sich nach der Beitragshöhe. Die Leistungen einer Berufsunfähigkeitsversicherung bemessen sich hingegen nach verschiedenen Bedingungen für die gesundheitliche Einschränkung des Versicherungsnehmers. Oftmals sind einzelne Versicherungen sinnvoller als Kombiversicherungen, da in diesem Fall die jeweilige Versicherung flexibler und individueller an sich ändernde Lebenssituationen angepasst werden kann – auch während der Versicherungslaufzeit.

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Zwischen wichtigen und unwichtigen Versicherungen unterscheiden

Auch wenn der Geldbeutel für Alleinerziehende oft klamm ist, darf man zusätzlich über eine Kinderinvaliditätsversicherung nachdenken. Die sichert Kinder bei chronischen Krankheiten oder Behinderungen ab. Denn Betreuung und möglicherweise notwendige Umbauten werden nur teilweise öffentlich übernommen. Eine Kinderinvaliditätsversicherung zahlt eine lebenslange Zusatzrente.

Es gibt jedoch zweifellos viele Versicherungen für Familien, die einem notwendiger angepriesen werden, als sie es sind. Gerade bei Einelternfamilien, die sprichwörtlich jeden Cent umdrehen müssen. Dazu gehören beispielsweise auch Unfallversicherungen. Die Ursachen für schwere Behinderungen, die Kosten nach sich ziehen können, resultieren zum deutlich überwiegenden Teil (weniger als 10 Prozent) aus Krankheiten und nicht aus Unfällen.

Rechtsschutzversicherungen, Reisegepäckversicherung, Glasbruch, private Arbeitslosenversicherung, Geräteversicherungen für Laptops, Fahrräder, Brillen, Handys – dabei sollte man gerade bei Kindern nicht Budgets für Geburtstage, Urlaub oder Weihnachten vergessen.

Wenn das Budget vorhanden ist, kann aber natürlich auch schon über die Altersvorsorge der Kinder selbst nachgedacht werden. Je früher in eine Kindervorsorge eingezahlt wird, desto besser. Hier gibt es verschiedene Modelle, wie MeinPlan Kids. Diese Modelle dienen zum Beispiel auch dazu, dass sich das Kind mit 18 den Führerschein leisten kann oder vielleicht auch schon das erste eigene Auto.

Finanzielle Unterstützungen für Alleinerziehende

Alleinerziehende Mütter und Väter können prinzipiell zwischen drei Bezugskategorien unterschieden.

Die erste ist mit Verpflichtungen im Rahmen einer Trennung oder Scheidung verbunden. Das schließt generell den Unterhalt, Kindesunterhalt, Unterhaltsvorschüsse, Ehegatten- und Betreuungsunterhalt mit ein. Darüber hinaus gibt es allgemeine Leistungen wie das Kinder- und Elterngeld und die staatliche Grundsicherung Hartz IV.

Die dritte Gruppe umfasst besondere Leistungen für einkommensschwache Familien, die keine Grundsicherung, also kein Hartz IV, beziehen.

Kindergeld

Das Kindergeld beträgt für in Deutschland lebende Eltern 192 Euro für die ersten beiden Kinder. Für ein drittes erhält man 198 Euro und für jedes weitere 223 Euro. Das Kindergeld wird von der Familienkasse der Agentur für Arbeit monatlich ausbezahlt.

Wenn das Kind noch unter 25 und nach dem Gesetz ledig ist, kann man zusätzlich zum Kindergeld einen Kinderzuschlag von der Agentur für Arbeit bekommen. Sollte das Kind bereits selbst Geld verdienen, etwa in einer Lehre, dann wird das seit dem 1. Juli 2019 nicht mehr voll angerechnet.

Elterngeld, Landeserziehungsgeld und Entlastungsbetrag

Das Elterngeld soll erwerbstätige Eltern in den ersten Lebensmonaten des Kindes unterstützen, da sie dadurch oft im Job kürzertreten müssen. Alleinerziehende erhalten nach der Geburt eines Kindes in der Regel volle 14 Monate Elterngeld. Die Höhe berechnet sich je nach vorherigem Jahreseinkommen, beträgt aber mindestens 300 Euro. Das erhalten somit auch Eltern, die erwerbslos waren und sind. Der Ansprechpartner für entsprechende Fragen hierzu ist die Bezirks-Elterngeldstelle.

Einige Bundesländer zahlen auf Antrag, zusätzlich und unabhängig vom Einkommen ein Landeserziehungsgeld. Das wird sechs bis zwölf Monate lang ausgezahlt und beträgt je nach Bundesland zwischen 150 und 300 Euro pro Monat.

Kein Zuschuss im eigentlichen Sinne aber eine steuerliche Erleichterung stellen der Kinderfreibetrag und der Entlastungsbetrag dar, die bei der jährlichen Steuererklärung beantragt werden können.

Unterstützung für gering verdienende Eltern

Dieser Bereich gilt im Wesentlichen unabhängig davon, ob Eltern zusammen oder alleinerziehend sind. Doch wie bereits eingangs erwähnt, leiden vor allem alleinstehende Elternteile oft unter großem finanziellen Druck. Allerdings dürfen hier parallel keine Hartz-IV-Leistungen bezogen werden.

Wohngeld

Das Wohngeld ist ein Zuschuss zur Miete, der allerdings nur Menschen zusteht, die (ohne eigenes Verschulden) keine staatlichen Grundsicherungsleistungen (Hartz IV) bekommen. Für Anträge ist deswegen auch eine eigene Wohngeldstelle vor Ort zuständig. Es berechnet sich aus der Miete und der Anzahl der Bewohner/Mitbewohner, die bereits wohngeldberechtigt sind.

Das klingt nach einer kleinen Randgruppe, aber Bezieher vom Arbeitslosengeld 1 sind beispielsweise eine potenzielle Bezugsgruppe. Denn während sich das Arbeitslosengeld 2 (Hartz IV) an den Grundbedürfnissen orientiert, wird das Arbeitslosengeld 1 nach der Höhe des letzten Gehalts berechnet.

Bildungspaket

Eltern, deren Einkommen zwar für sich selbst aber nicht mehr im ausreichenden Maße für das Kind reicht, die aber dennoch kein Hartz IV erhalten, können besondere Leistungen für den Nachwuchs erhalten. Dabei geht es dem Gesetzgeber weniger um Dinge, welche die Sozialisation und die Bildung des Kindes positiv beeinflussen sollen.

Das sind Mittel für das Mittagessen in Kita, Schule oder in der Kindertagespflege, eine angemessene Lernförderung (etwa Nachhilfeunterricht) sowie die Ausstattung mit persönlichem Schulbedarf. Zu diesen Mitteln gehören auch Gelder für Klassenfahrten und Kita-Ausflüge. Außerdem zählen dazu Leistungen für die Teilnahme am sozialen und kulturellen Leben in der Gemeinschaft. Darunter fallen beispielsweise Sportvereine oder kulturelle Einrichtungen wie Musik-, Theater- oder Tanzkurse. Nicht zuletzt können Eltern natürlich auch Fahrtkosten ihrer Kinder zu den jeweiligen Stätten beantragen.

Übersichten und Ansprechpartner für Alleinerziehende

Wir können hier nur einige Fördermöglichkeiten aufzeigen. Alleinerziehende Mütter und Väter sind besonders auf seriöse Beratungsstellen und Informationen angewiesen. Zu solchen Ansprechpartnern zählen Jugendämter, Wohlfahrtsverbände, das Müttergenesungswerk und kirchliche Beratungsstellen. Die wissen normalerweise auch sehr gut über Fördermöglichkeiten speziell am Wohnort Bescheid. Denn da gibt es manchmal Unterschiede.

Abschließend eine kleine Auswahl an umfassenden, seriösen und anregenden Tipps und Informationen zum Download:

Verband alleinerziehender Mütter und Väter Bundesverband e. V.

„alleinerziehend – Tipps und Informationen“

Bundesministerium für Familie, Senioren, Frauen und Jugend

„Handbuch Unterstützungswerke Alleinerziehende“

Dem zu Grunde geht das Projekt „Vereinbarkeit von Familie und Beruf für Alleinerziehende“ vom Ministerium. Aus der Einleitung: „An 12 Pilotstandorten haben unterschiedliche Akteure daran gearbeitet, „Produktionsnetzwerke“ aufzubauen. Diese zielen darauf ab, ein verknüpftes und abgestimmtes Unterstützungsangebot, also eine „Dienstleistungskette“ für Alleinerziehende zu realisieren.“

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