Nachhaltigkeit in allen gesellschaftlichen Bereichen
Inzwischen haben wir verstanden, dass wir nicht so weiterwirtschaften können wie bisher, wenn wir nachfolgenden Generationen eine lebenswerte Welt hinterlassen wollen. Nachhaltigkeit hat sich deshalb in den letzten zehn Jahren zu einem globalen Trend entwickelt, der alle gesellschaftlichen Bereiche erfasst. Auch Unternehmen, Banken, Versicherungen und Börsen-Broker greifen heute den Nachhaltigkeitsgedanken auf. Denn viele Menschen möchten durch ihr Konsum- und Sparverhalten aktiv dazu beitragen, in der Welt für die Zukunft Gutes zu tun.
Die UN-Nachhaltigkeitsziele
In der Regel denken wir beim Wort Nachhaltigkeit zuerst an einen sorgsamen Umgang mit den Ressourcen unserer Erde – etwa indem wir verstärkt in erneuerbare Energien investieren statt auf fossile Rohstoffe zurückzugreifen. Und tatsächlich hat der Begriff seinen Ursprung in der Forstwirtschaft – als es den Menschen im 18. Jahrhundert klar wurde, dass wirtschaftlich genutzte Waldbestände kontinuierlich wieder aufgeforstet werden müssen, wenn man keinen Kahlschlag mit verheerenden Folgen für Mensch und Natur betreiben will.
Heute fassen wir den Begriff Nachhaltigkeit aber wesentlich weiter. So legten die Vereinten Nationen im Jahr 2015 insgesamt 17 Ziele für eine nachhaltige Entwicklung fest – die sogenannten Sustainable Development Goals (SDG), die heute mehr denn je unser Handeln mitprägen. Denn die Organisation hat der Welt ehrgeizige Aufgaben mit auf den Weg gegeben.
Bis 2030 soll nach den Nachhaltigkeitszielen der UN überall auf unserem Planeten …
- genug Nahrung für alle Menschen bereitstehen
- Arbeit den Prinzipien der Menschenwürde entsprechen
- Wirtschaftswachstum auf Basis sauberer Energie möglich sein
- Produktion und Konsum nachhaltig gestaltet werden
Auch wenn es angesichts unerwarteter Ereignisse wie des Ukraine-Kriegs schwierig werden wird, die SDGs der UN pünktlich umzusetzen, zeigen die vereinbarten Ziele, welche drei Faktoren heute unser Verständnis von Nachhaltigkeit bestimmen.
- Ökologie
- Wirtschaft
- Soziales
… bilden die drei Eckpunkte des sogenannten „Nachhaltigkeitsdreiecks“. Der Grundgedanke hinter dem Nachhaltigkeitskonzept: Eine Gesellschaft wird nur dann in Frieden leben können, wenn die Bedürfnisse aller Menschen Berücksichtigung finden und Wohlstand nicht auf der Ausbeutung benachteiligter Bevölkerungsgruppen basiert.
Was hat es mit SDG-Investments auf sich?
Unternehmen, die sich heute am Markt behaupten wollen, müssen den Nachhaltigkeitsgedanken in den oben beschriebenen SDG-Zielen der UN annehmen, um wettbewerbsfähig zu bleiben. Denn Verbraucher legen immer mehr Wert auf „fair“ und ökologisch verträglich hergestellte Produkte. Viele internationale Großkonzerne, aber auch mittelständische Betriebe haben sich aus diesem Grund in den letzten Jahren komplett neu positioniert – etwa mit sozialem Engagement, durch eine neue Ethik in der Personalpolitik, die Umstellung auf einen recyclingfreundlicheren Materialeinsatz, die Einrichtung nachhaltiger Lieferketten oder gar die Implementierung von Kreislaufwirtschaftssystemen. Unternehmen, die es mit der Nachhaltigkeit ernst nehmen, veröffentlichen mittlerweile Nachhaltigkeitsberichte, um ihr umwelt- und sozialpolitisches Engagement transparent nach außen darzustellen.
Organisationen, die die UN-Nachhaltigkeitsziele und die SDG-Kriterien umsetzen, bewerben ihre Geldanlagen gerne als SDG-Investments – und geben den ökologisch und sozial engagierten Anlegern bei der Wahl ihrer Finanzprodukte so eine erste Orientierungshilfe.
PRI: Wie die UN nachhaltige Investitionen unterstützt
Mit den SDG-Zielen möchten die Vereinten Nationen in der gesamten Gesellschaft ein Umdenken bewirken und nehmen vor allem Unternehmen in die Pflicht. 2006 bildete sich zusätzlich eine Investoreninitiative, die in Partnerschaft mit dem UN-Umweltprogramm UNEP und dem UN Global Compact Grundlagen für das nachhaltige Investieren formulierten – die UN Principles for Responsible Investment (UN PRI). Mittlerweile haben weltweit mehr als 1.200 Anbieter von Finanzprodukten die Prinzipien unterzeichnet und bekennen sich zu den dort niedergelegten Grundsätzen für ein globales nachhaltiges Finanzsystem.
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Die Bedeutung der Abkürzung ESG für die Finanzwelt von morgen
Bei der Auswahl nachhaltiger Anlage-Produkte ist meist eine gute Portion Eigenrecherche erforderlich. Denn klare, allgemeinverbindliche Kriterien oder Normen für nachhaltige Geldanlagen gibt es bis heute nicht. Bisher wählten Anleger ihre Finanzprodukte anhand der Gesichtspunkte Sicherheit, Rendite und Liquidität aus.
Heute spielen für Geldanleger auch ethische, soziale und ökologische Aspekte eine Rolle, die man unter der Abkürzung „ESG“ (Environment, Social, Governance) zusammenfasst. Dabei steht „Environment“ für ökologisches und „Social“ für gesellschaftlich verantwortungsvolles Handeln. „Governance“ beschreibt nachhaltige Unternehmensführung, die den fairen, respektvollen Umgang mit dem Personal und Lieferanten, aber auch mit der Gesellschaft im Allgemeinen mit einschließt.
Mit ESG-Ratings nachhaltige Investments beurteilen
Laut Definition gibt ein Rating Investoren und Anlegern Auskunft über die Bonität und Zahlungsfähigkeit eines Emittenten – dabei kann es sich zum Beispiel um ein Unternehmen oder ein Finanzinstitut handeln. Ein Rating kann von Banken selbst oder von spezialisierten Rating-Agenturen erstellt werden.
Das ESG-Rating bezieht in die Bewertung einer Geldanlage neben den ökonomischen Kriterien Rentabilität, Liquidität und Risiko auch den Aspekt der Nachhaltigkeit mit ein. Es beurteilt, inwieweit in dem Unternehmen, das eine Geldanlage herausgibt, die ESG-Kriterien erfüllt sind. So können Investoren leichter erkennen, ob eine Aktie, ein Fonds oder eine Anleihe den eigenen Nachhaltigkeitsstandards entspricht.
Drei Strategien, die passenden nachhaltigen Finanzprodukte zu finden
Die Begriffe „nachhaltig“, „ökologisch“, „grün“, „klimafreundlich“ oder „sustainable“ geistern heute auch durch die Finanzmärkte und werden gleichermaßen als Label für Investmentfonds, Aktien, Anleihen oder Direkt-Investments verwendet. Mit den Kürzeln „ESG“ und „SRI“ (Socially Responsible Investment) wird ebenfalls um die Anleger-Gunst geworben, obwohl auch diese keine allgemein verbindlichen Standards für nachhaltige Investments definieren.
Es ist für Anlegerinnen und Anleger folglich schwer, sich im Dschungel der nachhaltigen Geldanlagen zu orientieren. Aber wie finden sie die Produkte, die den eigenen Nachhaltigkeitszielen am nächsten kommen? Dazu bieten sich drei verschiedene Strategien an:
Ausschlusskriterien (Negative Screening)
Entscheiden Sie, welche Investitionen für Sie überhaupt nicht infrage kommen. Das können beispielsweise Unternehmen sein, die gegen die Prinzipien der Nachhaltigkeit verstoßen und in den Bereichen Kernkraft oder Waffen tätig sind, Regenwälder abholzen, die Existenzen kleiner Bauern zerstören, bei ihren Lieferanten Kinderarbeit dulden oder bei den Arbeitsbedingungen nicht die Menschenrechte einhalten. Weitere Ausschlusskriterien können zum Beispiel Korruption, der Handel mit Alkohol oder Tabak oder Glücksspiel sein.
Positivkriterien (Positive Screening)
Wählen Sie Unternehmen oder Branchen aus, die möglichst viele der ESG-Kriterien berücksichtigen und sich zum Beispiel für den Einsatz erneuerbarer Energien stark machen.
Best in Class
Hier werden jene Unternehmen ausgewählt, die in ihrer Branche bei den ESG-Kriterien besonders strenge Maßstäbe anlegen. Dabei werden jedoch alle Branchen mit einbezogen, also etwa auch die Atom-, Erdöl- oder Rüstungsindustrie, wenn sie in einzelnen Bereichen beim ESG-Rating besonders gut abschneiden.
Weitere Entscheidungshilfen für die Auswahl nachhaltiger Investments
Nachhaltigkeitsberichte
Zur ersten Orientierung auf dem nachhaltigen Finanzmarkt können die Nachhaltigkeitsberichte beitragen, die mittlerweile viele Unternehmen selbst veröffentlichen, um ihr Nachhaltigkeits-Engagement für die Öffentlichkeit zu dokumentieren. Kapitalmarktorientierte Organisationen unterliegen zudem seit 2017 einer Berichtspflicht: Sie müssen jedes Jahr über Entwicklungen in den Bereichen Umwelt, Arbeitnehmerrechte, Sozialwesen, Menschenrechte und Korruption Auskunft geben (CSR-Berichtspflicht).
Europäischer Transparenz Kodex & FNG-Siegel
Als Fachverband für nachhaltige Geldanlagen in Deutschland, Österreich, der Schweiz und Liechtenstein hat das Forum Nachhaltige Geldanlagen (FNG) den Europäischen Transparenz Kodex eingerichtet. Dieser soll Anlegerinnen und Anlegern, aber auch Banken, Kapitalgesellschaften, Rating-Agenturen und Finanzberatungen eine bessere Orientierung auf dem nachhaltigen Finanzmarkt ermöglichen. Die Unterzeichner des Europäischen Transparenz Kodex verpflichten sich, die Nachhaltigkeitskriterien ihrer Anlagen offenzulegen. Anlage-Produkte, die die Nachhaltigkeits-Anforderungen des FNG erfüllen, werden mit dem FNG-Siegel zertifiziert.
Rating-Agenturen mit Fokus auf Nachhaltigkeit
Mittlerweile existiert auch eine Reihe von Rating-Agenturen, die sich auf den Aspekt Nachhaltigkeit spezialisiert haben. Im deutschsprachigen Raum gehören dazu beispielsweise inrate, oekom Research, das Institut für Markt-Umwelt-Gesellschaft (IMUG) oder Sustainalytics.
Welche nachhaltige Geldanlage ist die Richtige?
Eine Geldanlage muss ihren Zweck erfüllen. Auch bei nachhaltigen Investments ist es wichtig, sich vorab Gedanken zu machen, was man mit seinem Kapital erreichen will: Steht eine hohe Rendite, Sicherheit oder die schnelle Verfügbarkeit des Kapitals im Fokus? Und welche Nachhaltigkeitskriterien sind Ihnen bei Ihren Investments am wichtigsten?
Generell gilt auch für nachhaltige Geldanlagen: Wer sein ganzes Kapital auf eine Karte setzt, geht ein großes Risiko ein, entweder schmerzliche Verluste oder enttäuschend niedrige Renditen einzufahren. Es empfiehlt sich immer, seine Anlagen möglichst breit zu streuen und in viele verschiedene Projekte aus unterschiedlichen Branchen zu investieren.
Risiken minimieren durch ein breit aufgestelltes Anlage-Portfolio
Mittlerweile hat man bei den nachhaltigen Geldanlagen alle Möglichkeiten, die es auch bei herkömmlichen Investmentprodukten gibt: Aktien, Fonds, Exchange-Traded Funds (ETFs), Rentenfonds, Anleihen, Festgeld und Tagesgeld.
Wachsender Beliebtheit erfreut sich hingegen Crowdinvesting, bei dem Anleger ganz gezielt in ein Unternehmen oder Startup investieren, von dessen nachhaltigen Zielen sie überzeugt sind. Das kann zum Beispiel eine Firma sein, die neue Technologien zur Nutzung erneuerbarer Energien entwickelt, Fleischersatzprodukte oder ökologisch verträgliche und fair produzierte Kleidung vertreibt. In der Regel sind solche Investitionen jedoch mit einem hohen Verlustrisiko und geringen Renditen verbunden.
Auch für nachhaltige Aktien gelten die gleichen Regeln wie für herkömmliche Papiere: Hier heißt es, das Risiko durch eine möglichst breite Diversifikation im Portfolio zu minimieren und bei Kurseinbrüchen nicht die Nerven zu verlieren. Erst mit etwa 20 bis 30 unterschiedlichen Werten erreicht man eine ausreichend breite Risikostreuung.
Nachhaltige Investment-Fonds legen Geld in Aktien, Staats- und Unternehmens-Anleihen oder auch in Sachwerte wie Immobilien an. Den Aspekt der Nachhaltigkeit rücken bestimmte Themen-Fonds in den Mittelpunkt:
- Öko-Fonds
- Umwelt-Fonds
- Sozial-Fonds
Menschen, die mit ihren nachhaltigen Investments einen messbaren Beitrag zur Realisierung ökologischer oder sozialer Ziele leisten wollen, entscheiden sich für sogenannte Impact-Fonds, die fest mit konkreten ESG-Zielen verknüpft sind. Die Erreichung der gesteckten Ziele wird regelmäßig überprüft, und die Anbieter der Anlagen sind dazu verpflichtet, über ihre Fortschritte zu berichten.
Wie schneiden nachhaltige Investments im Vergleich zu herkömmlichen Geldanlagen ab?
Der Deutsche Fondsverband BVI registriert zum dritten Quartal 2023 bei den nachhaltigen Fonds trotz einer generell schwierigen wirtschaftlichen Situation ein kontinuierlich wachsendes Anlagevermögen: Gegenüber dem Vorjahr ist das von den BVI-Mitgliedern verwaltete Vermögen um 40 Prozent auf 866 Milliarden Euro angestiegen*. Generell sind nachhaltige Geldanlagen in Sachen Rendite klassischen Finanzprodukten nicht unterlegen. Allerdings ist die Nachhaltigkeitsleistung individueller Anlageprodukte – abgesehen von Impact-Investments – nicht immer genau messbar. Die ESG-Kriterien, die Bewertungen einschlägig spezialisierter Rating-Agenturen und Kundenberater liefern aber einen differenzierten Überblick.
Und der Trend zu nachhaltigen Geldanlagen wächst kontinuierlich: Der „FNG Marktbericht Nachhaltige Geldanlagen" (2023) des Forums Nachhaltige Geldanlagen FNG registriert in Deutschland einen regelrechten Boom: 2022 erreichten verantwortliche Investments ein Volumen von 1,9 Billionen Euro. Die nachhaltigen Geldanlagen kletterten um 15 Prozent auf 578,1 Milliarden Euro. Das Anlageverhalten der Deutschen spricht dabei eine eindeutige Sprache:
- 12,5 % beträgt der Anteil nachhaltiger Publikumsfonds am Gesamtmarkt
- Nachhaltige Publikumsfonds verzeichnen ein Wachstum um 29%
Seit Anfang August 2022 sind Anbieter von Anlage-Produkten durch den Aktionsplan „Finanzierung nachhaltigen Wachstums“ dazu verpflichtet, die Nachhaltigkeits-Präferenzen von Anlegerinnen und Anlegern in Beratungsgesprächen abzufragen.
*Quelle: BVI: Fokus Nachhaltigkeit - Der nachhaltige Fondsmarkt im dritten Quartal 2023
Wichtiger Hinweis
Der vorstehende Text sowie die Hinweise und Informationen stellen ausdrücklich keine Anlageberatung oder Empfehlung dar. Es handelt sich bei allen Aussagen um eine/unsere allgemein veröffentlichte Meinung. Die Informationen im vorstehenden Text sind nicht auf eine individuelle Situation zugeschnitten und sind daher kein Ersatz für eine professionelle und individuelle Beratung durch hierfür qualifizierte Personen.
Risikohinweis: Die Wertentwicklung in der Vergangenheit stellt keinen zuverlässigen Indikator für die zukünftige Entwicklung dar. Aktien und Fonds können steigen und fallen, selbst ein Totalverlust ist nicht ausgeschlossen.