Nachhaltig Geld anlegen
Immer mehr Menschen machen sich ernsthaft Gedanken um die Zukunft unseres Planeten. Doch noch besteht zwischen dem Wunsch zur nachhaltigen Veränderung und dem tatsächlichen Handeln bei vielen eine teilweise beachtliche Lücke - auch und gerade beim Geldanlegen. Um die Kapitalströme zunehmend in Richtung nachhaltiger Investitionen zu lenken und dadurch nachhaltige Unternehmensführung zu fördern, hat die EU-Kommission 2018 einen Aktionsplan für nachhaltiges Finanzwesen ins Leben gerufen. Dieser sieht unter anderem vor, dass Vermittler künftig die Nachhaltigkeitspräferenzen ihrer Kunden explizit in der Finanzberatung berücksichtigen müssen. Deshalb müssen sie in der Lage sein, eine entsprechende Auswahl beispielsweise an nachhaltigen Investmentfonds anbieten zu können, falls ihr Kunde hierauf Wert legt. Dabei stellt sich für die Kunden die Frage, ob man sein Vermögen in nachhaltige Fonds investieren und zudem einen auskömmlichen Ertrag erwirtschaften kann.
Was bedeutet Nachhaltigkeit?
Der Begriff der Nachhaltigkeit im heutigen Sinne wurde erstmals 1713 von Hans Carl von Carlowitz in seinem Werk über die Holzwirtschaft verwendet. Damals wie heute verbindet man nachhaltiges Wirtschaften mit dem schonenden Umgang mit Rohstoffen – es sollte nur so viel Holz geschlagen werden, wie durch planmäßige Aufforstung wieder nachwachsen kann. Ziel war und ist der langfristige Erhalt unserer Umwelt, um die Lebensgrundlagen für nachfolgende Generationen zu bewahren. In den vergangenen Jahrzehnten ist die Definition des Begriffs „Nachhaltigkeit“ um soziale Auswirkungen auf das Unternehmensumfeld (z.B. fairer Umgang mit Mitarbeitern, Kunden, Zulieferern) sowie Grundsätze der verantwortungsvollen Unternehmensführung (u.a. Befolgung von Gesetzen und Regulierungen) erweitert worden.
Was bedeutet ESG?
ESG fasst als Abkürzung von drei englischen Begriffen die Eckpfeiler des nachhaltigen Investierens zusammen: Environmental (Umwelt), Social (Sozialverträglichkeit) und Governance (verantwortungs-volle Unternehmensführung). Inzwischen wird ESG als gängige Abkürzung für die unterschiedlichen Aspekte der Nachhaltigkeit verwendet. Noch existiert weder eine einheitliche Definition für diese drei Einzeldimensionen, noch für den übergeordneten Begriff Nachhaltigkeit oder nachhaltige Geldanlage. Die unterschiedlichen Interpretationen eröffnen Anlegern ein breites Spektrum an unterschiedlichen ESG-Anlagestilen, erschweren jedoch auch die Orientierung im verfügbaren Angebot.
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Was ist eine nachhaltige Geldanlage?
Nachhaltige Geldanlagen rücken zunehmend in den Fokus von Anlegern. Nicht mehr ausschließlich der betriebswirtschaftliche Ertrag einer Kapitalanlage scheint als Motivation für Investments von Bedeutung zu sein, sondern es geht immer mehr auch um die Frage, wie diese Erträge erwirtschaftet werden. Schon 2006 hat eine Investoreninitiative unterstützt von der UN den freiwilligen Verhaltenskodex der „UN Principles for Responsible Investing“ (UN PRI) entwickelt, dem sich seitdem eine immer größere Anzahl an Unternehmen der Finanzindustrie angeschlossen haben. Die Unterzeichner verpflichten sich, ESG-Kriterien in ihren Anlageprozessen zu berücksichtigen. Wie diese Berücksichtigung erfolgt, kann durch das jeweilige Unternehmen selbst definiert werden. Das Spektrum ist daher sehr breit. Es beginnt mit „verantwortlichem Investieren“, dass also in den Anlageprozessen neben finanzwirtschaftlichen Kriterien systematisch auch ESG-Kriterien bei der Auswahl von Investments einbezogen werden. Die stärkste Ausprägung nachhaltigen Investierens stellt das sogenannte „Impact Investing“ dar. Dieses zielt darauf ab, mit einer Investition neben einer positiven finanziellen Rendite messbare positive Auswirkungen auf Umwelt oder Gesellschaft zu erzielen. Mit nachhaltigen Investments können somit auch Ziele verfolgt werden, die über den reinen Renditegedanken hinausgehen.
Eine mögliche Orientierung in der Vielfalt der angebotenen nachhaltigen Anlagestile bieten spezielle Qualitätsstandards, wie beispielsweise Nachhaltigkeitsratings oder Nachhaltigkeitssiegel. Im deutschsprachigen Raum hat sich hierbei das Siegel des Forums Nachhaltige Geldanlagen, das FNG-Siegel, als Qualitätsstandard für nachhaltige Investmentfonds durchgesetzt. Einmal erworben, muss dieses Siegel bei jedem Fonds jährlich bestätigt werden. Damit soll bei den ausgezeichneten Fonds die Berücksichtigung der Nachhaltigkeitskriterien in der Anlage dauerhaft sichergestellt werden.
Auch eine immer größere Zahl von Unternehmen der Realwirtschaft berücksichtigt Nachhaltigkeits-kriterien inzwischen in ihrem wirtschaftlichen Handeln. Einerseits geschieht das aus Überzeugung. Andererseits entsteht immer mehr Druck von Investoren – u.a. weil Finanzinvestoren in ihren Anlageprozessen zunehmend Nachhaltigkeitskriterien berücksichtigen, ihre Portfoliounternehmen dazu regelmäßig befragen und auf Basis entsprechender Kriterien messen. Unternehmen sind auf den problemlosen Zugang zu Kapital angewiesen. Die Berücksichtigung von Nachhaltigkeitskriterien in ihrer Unternehmenspolitik kann dabei unterstützen.
Ein Ziel des Aktionsplans der EU-Kommission ist die Entwicklung eines einheitlichen Klassifizierungsrahmens („Taxonomie“), der im Laufe der Zeit definieren soll, welche Unternehmensaktivitäten die EU als nachhaltig ansieht. Diesen Rahmen können Finanzakteure dann als eine Art „Anleitung“ verwenden, um nachhaltige Finanzprodukte zu entwickeln. Zusätzlich wird eine Verpflichtung zu höherer Transparenz bezüglich der Berücksichtigung von Nachhaltigkeitskriterien im Anlageprozess diskutiert.
Weltweit steigt der Anteil an nachhaltig investierten Geldern sowie das grundsätzliche Interesse an diesem Thema kontinuierlich. Der immer größere Fokus hierauf kann zu einer zunehmenden Nachfrage nach Aktien und Anleihen von nachhaltig wirtschaftenden Unternehmen führen. Dies könnte zudem getrieben werden durch eine steigende Anzahl an neu aufgelegten Nachhaltigkeitsfonds. Damit könnte Nachhaltigkeit aufgrund wachsender Nachfrage zu steigenden Kursen bei diesen Unternehmen führen und somit zeitweise zu einem „Renditetreiber“ werden.
Neben der oft schwierigen Orientierung im breiten Angebot an Nachhaltigkeitsprodukten stellt die sinnvolle Definition von persönlich relevanten Nachhaltigkeitskriterien und daraus folgenden Einschränkungen des Anlageuniversums ein Kernproblem dar. Werden Nachhaltigkeitskriterien zu restriktiv gewählt – beispielsweise bezüglich der Auswahl von Staaten und Branchen – dann schrumpft unter Umständen das Anlageuniversum sehr stark. Eine breite Streuung der Geldanlage könnte dadurch erschwert werden.
Das „magische Dreieck der Geldanlage“ mit seinen drei Zielen Sicherheit, Rendite und Verfügbarkeit wird durch die Erweiterung um das Ziel der Nachhaltigkeit zu einem „magischen Viereck der Geldanlage“. Im Unterschied zu den drei traditionellen konfliktären Zielen steht die Nachhaltigkeit jedoch nicht grundsätzlich im Konflikt zu diesen. Die Berücksichtigung von ESG-Kriterien in der nachhaltigen Kapitalanlage kann helfen, Risiken zu vermeiden und somit langfristig sogar zu einem besseren Rendite-Risiko-Profil beitragen. Nachhaltige Anlagen bergen gleichwohl – wie jede andere Anlage am Kapitalmarkt – auch immer Risiken eines Vermögensverlusts bis hin zum Totalausfall.
Was sind nachhaltige Aktien?
Aktiengesellschaften, die sich an Kriterien der Nachhaltigkeit orientieren, können als nachhaltige Unternehmen bezeichnet werden und deren ausgegebene Aktien als nachhaltige Aktien. Die bisher fehlende einheitliche Definition des Begriffs „Nachhaltigkeit“ erschwert ohne tiefere Analyse jedoch die Orientierung für den Anleger. Es gilt dabei darauf zu achten, dass Nachhaltigkeit nicht lediglich als Vermarktungsattribut verwendet wird. Das sogenannte „green washing“ könnte sonst dazu führen, dass tatsächlich nachhaltig wirtschaftende Unternehmen nur schwer von den lediglich als nachhaltig vermarkteten Unternehmen zu unterscheiden sind.
Das betrifft ebenso den Bereich der festverzinslichen Wertpapiere. Hier werden inzwischen zudem „Green Bonds“ ausgegeben, die zur Finanzierung spezifischer klimafreundlicher Projekte dienen sollen.
Investmentfonds erleichtern grünes Investieren vor allem für Privatanleger, die ein breit gestreutes Anlageportfolio zusammenstellen möchten. Für die Verwaltung dieser Fonds entstehen wie bei traditionellen Fonds Verwaltungskosten, welche bei Nachhaltigkeitsfonds u.a. auch Kosten für die Prüfung der Nachhaltigkeit der Portfoliounternehmen einschließen. Es gibt inzwischen verschiedene Ratingagenturen, die Nachhaltigkeitsprofile von Investmentfonds analysieren (u.a. Morningstar, yourSRI).
Die Deutsche Börse hat neben dem bekannten Deutschen Aktienindex, DAX, nun auch den DAX 50 ESG Index aufgelegt. Darin enthalten sind Aktien von 50 Aktiengesellschaften aus dem Standardwerte-Index DAX, dem Index für mittelgroße Unternehmen MDAX und dem technisch fokussierten TecDAX. Die Auswahl dieser 50 Titel erfolgt anhand von drei Kriterien:
- ESG-Bewertung, d.h. von den Unternehmen erfüllte ESG-Kriterien (qualitativ analysiert von www.sustainalytics.com, u.a. Ausschluss von Unternehmen, die ihr Geld mit Waffen, Tabak, Kohle, Kernkraft oder militärischen Verträgen verdienen)
- Börsenwert (Marktkapitalisierung) des Unternehmens
- Börsenumsatz (Handelbarkeit) der Aktien des Unternehmens
Aus den Unternehmen wird auf Basis dieser drei Kriterien eine Rangliste gebildet, von der die Top-50-Werte für den Index ausgewählt werden.
Alle drei Monate wird die Zusammensetzung des DAX 50 ESG von der Deutschen Börse überprüft. Erfüllt eines der 50 Unternehmen die Auswahlkriterien nicht mehr ausreichend, wird dieses ausgetauscht und ein anderes Unternehmen an seiner statt in den DAX 50 ESG aufgenommen. Die Zugehörigkeit zu einem relevanten Index ist wichtig für Unternehmen, da sich damit u.a. die Finanzierungsmöglichkeiten des Unternehmens verbessern können.
Autor & Experte im Bereich Wertpapiere
Dr. Klaus Mühlbauer
Dr. Klaus Mühlbauer ist seit 35 Jahren ein sehr renommierter Wertpapierexperte. In seinen Seminaren und Texten legt er besonderen Wert auf die einfache und kompakte Darstellung komplexer Finanzmarkt-Themen.