ETF Replikationsmethode: Physisch vs. synthetisch im Überblick
Börsengehandelte Exchange Traded Funds (ETFs), welche die Wertentwicklung bekannter Börsenindizes wie den DAX oder den MSCI nachempfinden, stehen bei Experten wie bei Anlegern hoch im Kurs, vor allem wegen der geringen Kosten. Viele, die ihr Geld in solche ETFs investieren möchten, fragen sich aber, was sich hinter Begriffen wie ETF Replikationsmethode, SWAP-basierte ETFs oder optimiertes Sampling verbirgt, die in diesem Zusammenhang oft fallen.
Allein im April 2024 standen an der Frankfurter Börse rund 1.985 ETFs zur Auswahl. Wer sein Geld in solche Fonds investieren möchte, braucht nur ein Online-Depot bei einer (Direkt-)Bank oder einem Broker und einen passenden Fonds, der zu seinen Bedürfnissen und Erwartungen passt.
Bei der LV 1871 können ETFs im Rahmen von Fondspolicen in das Portfolio eingebunden werden. Die Kapitalanlageexperten der LV1871 haben beispielsweise das exklusive ETF-Portfolio Plus entwickelt, bestehend aus passiv verwalteten und kostengünstigen Exchange Traded Funds.
Doch was bedeutet es genau, dass ein ETF physisch oder synthetisch ist? Und welche Vorteile hat der Anleger davon?
Jeder ETF möchte seinen Index so genau und kostengünstig wie möglich nachbilden. Dafür haben sich im Laufe der Jahre verschiedene Methoden entwickelt und bewährt. Grundsätzlich gibt es zwei verschiedene Nachbildungsarten von ETFs: Man unterscheidet zwischen der physischen und der synthetischen ETF Replikationsmethode und meint damit die Art und Weise, wie der ETF die Wertpapiere des Index in seinem Bestand hält.
ETF physisch oder synthetisch: die Übersicht
Replikationsmethode:
> Volle Replikation
Basiswerte
> Aktien, Anleihen
Vorteile
> transparent
> verständlich
Nachteile
> breite, internationale Marktindizes erschweren die physische Replikation
> relativ hohe Transaktions- und Verwaltungskosten
Passende Indizes
> DAX, EURO STOXX 50, Dow Jones
Replikationsmethode:
> Sampling
Basiswerte
> Aktien, Anleihen
Vorteile
> niedrige Kosten
Nachteile
> Abweichungen zwischen Index und ETF-Performance sind möglich
Passende Indizes
> MSCI World, MSCI Emerging Markets
Replikationsmethode:
> Swap-basiert
Basiswerte
> Aktien, Anleihen, Rohstoff-Indizes, Geldmarkt-Indizes
Vorteile
> niedrige Kosten
> Reduzierung des Tracking Errors
> Investition in Nischen- und Rohstoffmärkte möglich
Nachteile
> Ausfallrisiko von unbesicherten Forderungen bei Insolvenz des Kontrahenten
Passende Indizes
> MSCI World, MSCI Emerging Markets, EURO STOXX 600, Rohstoff-Indizes
Exklusive Fonds-Lösungen der LV 1871
Physische Replikation: Ermöglicht 1 zu 1 Nachbildung mit echten Werten
Kauft und hält der ETF tatsächlich alle Wertpapiere, die in einem Index enthalten sind, nennt man das volle oder physische Replikation. Der so genannte physische ETF bildet den Index durch den direkten Kauf der jeweiligen Titel exakt nach.
Ein DAX-ETF beispielsweise investiert in die 40 DAX-Unternehmen und gewichtet die Wertpapiere genau wie im deutschen Leitindex DAX 40.
Diese Fonds sind transparent und bei Anlegern beliebt, da diese genau wissen, in welche Wertpapiere sie investieren.
Optimiertes Sampling: Index-Abbildung durch computergestützte Verfahren
Bei breit gestreuten Indizes wie dem STOXX® Europe 600 mit 600 Werten aus 17 europäischen Ländern ist diese Art der exakten Nachbildung für physisch replizierende ETFs verständlicherweise schwierig. Aus diesem Grund sind mit der Zeit weitere Verfahren entstanden, um den Index nachzubilden, ohne dass alle Indexbestandteile darin enthalten sind.
In diesem Fall wird der Index in der Regel computergestützt mit einer optimierten Auswahl an Titeln nachgebildet, genannt Sampling. Erfolgt die Auswahl durch den Einsatz quantitativer Modelle, nennt sich das optimiertes Sampling. Mit diesem Optimierungsverfahren wird versucht, eine übersichtliche Zahl an Titeln auszuwählen, die die Entwicklung des Index am stärksten beeinflussen.
Mit solchen Sampling-Methoden können die Transaktions- und Verwaltungskosten deutlich reduziert werden, vor allem bei breiten Indizes. Nachteilig ist, dass hier und da Abweichungen zwischen Index- und ETF-Performance möglich sind. Die Schwankung der täglichen Abweichungen wird gemessen und als Tracking Error ausgewiesen. Wenn die Schwankung gering ist, bedeutet das allerdings nicht automatisch, dass auch die Differenz zwischen Fondsrendite und Index gering sein muss. Diese Differenz ist im Übrigen wichtig, wenn man die Kosten eines ETF mit anderen vergleichen möchte.
Swap basierte ETFs: Abbildung des Index über Tauschgeschäfte
Synthetische ETFs wiederum kaufen die zugrundeliegenden Wertpapiere nicht mehr physisch. Stattdessen nutzen sie so genannte Swaps, um die Wertentwicklung des zugrundeliegenden Index genau nachzubilden. In die einzelnen Wertpapiere des Index wird nicht mehr investiert. Bei Swaps handelt es sich um ein Tauschgeschäft: Der Swap-Kontrahent, meist Großbanken, zahlt dem ETF-Anbieter die Indexrendite inklusive Dividenden und erhält im Gegenzug eine Swap-Gebühr und die Rendite der Wertpapiere. Über solche Tauschgeschäfte können synthetische ETF den Index hier und da sogar noch besser und effizienter abbilden. Dank solcher ETFs können Anleger günstig in Nischenmärkte oder Rohstoffmärkte investieren, die für sie sonst nicht zugänglich wären.
Sind Swap basierte ETFs für Anleger zu riskant?
Solche Swap-basierten ETFs stehen immer wieder in der Kritik, riskant zu sein. Das hängt damit zusammen, dass synthetische Exchange Traded Funds eine dritte Partei einbinden, nämlich den Swap-Kontrahenten, der für die Performance des zu replizierenden Index verantwortlich ist. Wenn dieser Kontrahent seine Zahlungsverpflichtungen nicht mehr erfüllen kann (Bonitätsrisiko) und dafür keine Sicherheiten hinterlegt sind, bleibt der Anleger unter Umständen auf seinen unbesicherten Forderungen sitzen. So könnte der Swap-Kontrahent beispielsweise während einer Finanzkrise insolvent werden und dann die vereinbarte Indexrendite nicht mehr zahlen.
Da als Swap-Kontrahenten jedoch in der Regel Großbanken fungieren, deren Bonität von internationalen Ratingagenturen immer wieder geprüft und bewertet wird, können Anleger die Wahrscheinlichkeit für einen Ausfall recht gut einschätzen – vor allem dann, wenn sie sich bei der Investition in solche ETFs fachkundig haben beraten lassen.
Zusätzlich haben sich die Sicherheitsmaßnahmen für synthetische ETF in den letzten Jahren deutlich verbessert:
- Richtlinien für synthetische ETFs der EU: Der Umfang von unbesicherten Swap-Geschäften in einem ETF ist auf maximal 10 Prozent des täglich zu ermittelnden Fondsvermögens beschränkt. Die restlichen 90 Prozent müssen durch Sicherheiten abgedeckt werden.
- Viele Anbieter führen außerdem mehrmals täglich einen sogenannten Swap-Reset durch, um die Lücke von bis zu 10 Prozent an unbesicherten Swap-Geschäften zu verringern oder zu schließen.
- Das Kontrahenten-Risiko lässt sich durch den Einsatz verschiedener Swap-Kontrahenten verringern.
- Ein Wertpapierkorb dient in der Regel als Sicherheit für den ETF. Je einfacher dieser verfügbar ist und je besser er sich bewerten lässt (Wertpapiere großer Konzerne, Staatsanleihen), desto besser ist es für die Anleger.
- Durch Übersicherung des Fondsvermögens (bis zu 120 Prozent) kann durch den ETF-Anbieter ein Sicherheitspuffer aufgebaut werden, sodass bei der Verwertung der Sicherheiten möglichst viele Forderungen erfüllt werden können.
Unser Experte
Josua Schätz - Produktmanager für Investmentlösungen der LV 1871
Josua Schätz ist im Produktmanagement der LV 1871 für den Bereich Investment zuständig. Er beschäftigt sich dabei intensiv mit den Themen Fondsselektion, Nachhaltigkeit im Produkt sowie verbundene regulatorische Anforderungen.
Für die LV 1871 und deren Kunden bringt er dabei seine 20-jährige Erfahrung aus der Kapitalanlagebetreuung von Privat- und institutionellen Kunden im Bankbereich mit ein.